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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2013/0070
1524 die Herren: wollent bedenken und erwegen die gottliche, naturliche Pillickeit, Vernunft
und Verstant}11 Und für die Fürstenberger Bauern verstießen bestimmte Neuerungen gegen
alle recht, gotliche Satzung vnd die billigkayt} Für den Zürcher Reformator Huldrych
Zwingli war nur „Recht", was dem götlichen gsatzt des nächsten und der natur, die bede ein
gsatzt syind, glichförmig ist.124

Zugleich empfand Joß Fritz nach den vorliegenden Quellen die „göttliche Gerechtigkeit44
nicht als Gegensatz zum Alten Recht. Denn an Kilius Meyger richtete er die Frage (so dessen
„Bekenntnis44), ob auch dieser helfen wolle zu der götlichen gerechtikeit, und Joß Fritz begründete
sein Ansinnen damit, das man uns nit will lassen bliben bi unsern alten bruchen,
rechten und harkomen. Und gleich darauf heißt es noch einmal in enger und selbstverständlicher
Bezugnahme aufeinander: Die Bundschuher wolltent allein dem gleben, was götlich,
zimlich und billich were, [...] und was nit götlich nach billich were, abthun. Wucherzinsen und
übermäßige Dienste wollten sie nicht länger leisten, sunder understann, sich selbs bi iren bru-

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chen, rechten und altharkomen zu hanthaben. Die „göttliche Gerechtigkeit44 hatte sich demnach
niedergeschlagen im Alten Recht.

„Recht44 und „Gerechtigkeit44 erweisen sich für Joß Fritz und seine Mitverschworenen mithin
auf dreifache Weise: durch Schriftgemäßheit, Vernünftigkeit (Billigkeit) und Dignität des
Alters. Sie haben das Wort Gottes, die menschliche Vernunft und die Tradition auf ihrer Seite.
Damit bestimmte sich die „göttliche Gerechtigkeit44 des Joß Fritz aus drei im Denken der Zeit
unstrittigen Wegweisern zum Recht und zur Gerechtigkeit. Das aber heißt:

Es geht nicht an, dem Schlagwort der „göttlichen Gerechtigkeit44 im Lehener Bundschuh

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einen neuen, bis dahin „unerhörten44 Klang beizumessen. Im Gegenteil: Die „göttliche
Gerechtigkeit44 des Joß Fritz war seinen Zeitgenossen als Begriff und Sache durchaus

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vertraut.

Gleichwohl war mit der „göttlichen Gerechtigkeit44, definiert über die Schrift, die Billigkeit
und das alte Recht, ein Instrument gegeben, bis dahin herrschende Zustände und
geltende Rechte als Unrecht zu deklassieren. Doch die vorhandenen Quellen belegen
auch, dass Joß Fritz und seine Mitverschworenen unter der Parole der „göttlichen Gerechtigkeit44
keine revolutionäre Umgestaltung der überkommenen sozialen und politischen
Ordnung im Sinn hatten (wie im folgenden Kapitel gezeigt wird).
Erst im Bauernkrieg des Jahres 1525 - unter dem Einfluss der Reformation - geschah
die revolutionäre Zuspitzung. Erst jetzt wurde das „göttliche Recht44 ausschließlich
gleichgesetzt mit dem Geist und den Vorschriften der Bibel, wurde es nicht mehr gefunden
durch einen Appell an die Vernunft {Billigkeit) oder durch einen Rückgang in
die Vergangenheit (alte[...] bruchen, rechte[...] und harkomen).

Franz (wie Anm. 7), Nr. 25, S. 123.

Franz Ludwig Baumann: Akten zur Geschichte des deutschen Bauernkrieges aus Oberschwaben, Freiburg
1877, Nr. 200, S. 220.

Huldreich Zwingiis sämtliche Werke, Bd. 2, hg. von Emil Egli und Georg Finsler, Leipzig 1908, S.
329f.

Rosenkranz, Bd. 2 (wie Anm. 1), S. 193 (Nr. 69).

Einen „neuen revolutionären Klang" unterstellte dagegen Günther Franz dem „göttlichen Recht" des
Bundschuhs. Franz (wie Anm. 1), insb. S. 41 f. und 65.

Auch die Stadt Freiburg nahm an der von den Bundschuhern propagierten Idee der „göttlichen Gerechtigkeit
" als solcher keinen Anstoß; sie fragte nur (mit ironischem Unterton), ob bestimmte Absichten des
Bundschuhs ein gottlich oder billich furnemen sig. Rosenkranz, Bd. 2 (wie Anm. 1), S. 168 (Nr. 51:
Freiburg an Schaffhausen) und 170 (Nr. 54: Freiburg an Basel).

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