http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2013/0072
Der früheste Beleg für den „Grundsatzartikel" ist eine Gesandten-Anweisung des Markgrafen
Philipp von Baden vom 4. Oktober 1513. An diesem Tag hatte, wie eingangs (S. 45) er-
wähnt, Michel Hanser von Schallstadt, ein Uberläufer, den Markgrafen über die Existenz einer
geheimen „Gesellschaft" informiert und Einzelheiten über deren Pläne und Vorhaben mitgeteilt
. Noch am selben Tag fertigte der Markgraf zwei Gesandte an die vorderösterreichische
Regierung zu Ensisheim ab. Das Gedächtnus, das der Markgraf den Gesandten mit auf den
Weg gab, enthielt in acht Punkten die Angaben, die Michel Hanser gemacht hatte, dazu Erwägungen
und Vorschläge des Markgrafen. Eine Abschrift des Papiers erhielt wenig später auch
die Stadt Freiburg.
An der Spitze der Aussagen des Michel Hanser steht der Satz: Item das derselben gesel-
schafi meinung sige, bapst, kaiser und zuvorab Got für iren herrn han wellen. Diese Angabe
ist, verglichen mit späteren Aussagen, auffallend neutral formuliert. Davon, dass die Verschwörer
„nur noch" Gott, Papst und Kaiser als Herren anerkennen wollten, ist keine Rede. Da
sowohl der Verräter Michel Hanser wie auch Markgraf Philipp keinen Anlass haben konnten,
den Inhalt des Satzes abzuschwächen, muss man davon ausgehen, dass der „Grundsatzartikel"
hier so wiedergegeben wurde, wie Michel Hanser ihn gehört und dann dem Markgrafen mitgeteilt
hatte - nämlich ohne das Wörtchen „nur", welches aufgrund der damit verbundenen Wirkung
niemand hätte überhören können.
Wie bereits an anderer Stelle (S. 46) angesprochen, fasste Mitte Oktober die Stadt Freiburg
die bisher gewonnenen Erkenntnisse über den Bundschuh in einer kurzen „Aufzeichnung"
zusammen. Dessen furnemen wird in dreizehn Punkten beschrieben. An der Spitze steht der
Satz: Zum ersten dheinen herren zu haben dann allein bapst, keiser und vorab Gott. Wie Freiburg
zu dieser Erkenntnis gelangt ist, wissen wir nicht. Es heißt lediglich: Us bekantnus etlicher
gefangner. Neben der Aussage des Michel Hanser lag der Stadt zumindest noch das „Bekenntnis
" des Matern Wynman aus Mengen vor. Dieser war den markgräflich-badischen Behörden
spätestens am 10. Oktober in die Hände gefallen und sofort „befragt" worden; das
Ergebnis wurde Freiburg schriftlich mitgeteilt. Leider liegt das entsprechende Schreiben nicht
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mehr vor.
Vielleicht stützte sich Freiburg bei dem „Grundsatzartikel" aber auch auf die Aussage des
Michel Hanser, die es so deutete, dass die Bundschuher „nur" Gott, Papst und Kaiser als Herren
anerkennen wollten. Denn in der Einleitung der Anweisung, die Markgraf Philipp seinen
Gesandten nach Ensisheim mit auf den Weg gab und von der Freiburg eine Kopie erhielt, hieß
es: Erstlich sige meinem gnedigen hern margraffen Philipsen [...] von Michel Hansern von
Schalstat der geselschaft halb, so den adel und erbarkeit zu vertilken vermeinen, ditz meinung
anbracht. Mit dieser Formulierung war für Freiburg das Wesen des Bundschuhs offenbar zutreffend
beschrieben; denn in einem Brief an Villingen vom 8. Oktober schrieb die Stadt,
leichtfertige Personen hätten einen Bundschuh aufgeworfen und wollten den adel und die
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erberkeit vertilgen und belaidigen. Zog Freiburg die beiden Angaben zusammen, die Aussage
des Michel Hanser und die einleitende Bemerkung des Markgrafen, dann konnte es den
„Grundsatzartikel" so lesen, dass die Bundschuher „nur noch" Papst, Kaiser und Gott als Herren
anerkennen wollten. In der Folgezeit wiederholte Freiburg dann mehrfach seine Sicht des
Bundschuhs als „Vernichter" aller Obrigkeiten mit Ausnahme der höchsten irdischen Gewalten
, des Papstes und des Kaisers. Auffallend ist, dass in den Freiburger Schriftstücken das
Bekenntnis der Bundschuher zu Gott, in der frühen „Aufzeichnung" noch enthalten, später
nicht mehr erscheint.
Ebd., S. 137 (Nr. 10). Ob Freiburg auch Aussagen von Hans Enderlin, Altvogt zu Lehen, und von Marx
Studiin vorlagen, wissen wir nicht. S. o. S. 46 Anm. 28.
131 Ebd., S. 136 (Nr. 8).
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