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Mitte November verhörte Basel die beiden Bundschuher Jakob Huser und Kilius Meyger,
die die Stadt schon vor einiger Zeit gefangen genommen hatte. Am 18. des Monats sandte
Basel die „Bekenntnisse" an Freiburg und Straßburg. Demnach hat Jakob Huser ausgesagt, daz
si [die Bundschuher] unsern Herren den heiser und sust dheinen andern Herren haben woltent.
Darüber, wie diese Aussage zustande gekommen und wie sie zu bewerten ist, lässt sich nur
spekulieren. Hat Huser (ein hubscher junger starker und gerader man, so Kilius Meyger) seine
„ehrliche" Überzeugung vom Vorhaben des Bundschuhs zum Ausdruck gebracht? Oder hat
er sich durch die Fragen der Untersuchungsrichter zu einer derart radikalen Aussage verleiten
lassen? Ausschließen möchte ich nur die Möglichkeit, dass die Basler Beamten Husers Aussage
bewusst verfälscht haben könnten. Zwar hatte Freiburg der Stadt Basel bereits am 24. Oktober
seine Erkenntnisse über den Bundschuh mitgeteilt, dazu auch etlich vergichten zuge-
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schickt. Doch warum sollte Basel die Aussage Husers im Sinne Freiburgs manipuliert haben
, während es eine gegenteilige Äußerung Meygers akzeptierte?
Zeitgleich mit Jakob Huser verhörte Basel auch Kilius Meyger. Nach der Freiburg und
Straßburg zugegangenen Kopie des „Bekenntnisses" hat er eine gänzlich andere Version des
„Grundsatzartikels" im Programm der Bundschuher gegeben: zum ersten das sie wolltent unsern
allerheiligesten vatter den babst, unsern allergnedigesten herren den heiser und vorab
Got zu iren herren gehebt, doch so wolltent si irer herren nit verlöuknet haben.
Im erklärenden Nachsatz: doch so wolltent si irer herren nit verlöuknet haben, möchte ich
nicht nur eine vorgeschobene Schutzbehauptung sehen. Denn Kilius Meyger hatte zuvor von
einem Gespräch berichtet, welches er mit Joß Fritz imfruling nächst verruckt geführt hatte: uf
das hett bemelter Joß Fritz witter geredt, si wolltent [...] auch iren herren und obern in künftigem
wie bishar nit me dann zum jar ein frontagwen thun, sunder understann, sich selbs bi iren
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bruchen, rechten und altharkomen zu hanthaben. In gleicher Weise hatte sich auch Simon
Strüblin in Waldkirch geäußert. Joß Fritz und Thomas Hencky hätten zu ihm gesagt, daß, so
einer sim eignen herren sturen müssen hob und dem, hinder dem er gsessen sig, och, sig dem
land ein großer beschwerd. das muß nun also sin, daß einer sim herren, hinder dem er gsessen
sig, jars ein faßnachthun, ein frontawan und ein zimliche stur geben und thon soll und witter
nit.134 Nach diesen Aussagen gingen Joß Fritz, Simon Strüblin und Kilius Meyger davon aus,
dass es auch in Zukunft, außer Papst und Kaiser, noch Herren und Obrigkeiten geben würde,
denen die Bauern Abgaben und Dienste, wenn auch in reduzierter Form, zu leisten hätten. Und
in Übereinstimmung damit „bekannte" Simon Strüblin den „Grundsatzartikel" in einer Formulierung
, aus der man den Sturz der mediaten Obrigkeiten als oberstes Ziel des Bundschuhs
ebenso wenig herauslesen kann wie aus der Aussage des Michel Hanser.
Welchen Schluss kann man aus dem bisher Gesagten ziehen?
Michel Hanser gab den „Grundsatzartikel" in einer positiven Formulierung: Die Bundschuher
wollten Papst, Kaiser und vorab Gott als Herren haben. Davon, dass alle anderen Herren
„vertrieben" oder „totgeschlagen" werden sollten (um in der Sprache der Zeit zu bleiben), ist
keine Rede; und nichts berechtigt uns, der Aussage des Michel Hanser diesen Sinn zu unterstellen
. Kilius Meyger erklärte beim Verhör in Basel ausdrücklich, dass das Bekenntnis zu
Gott, Papst und Kaiser nicht bedeute, dass die Bundschuher ihre sonstigen Herren ver-
löukne[n], das heißt: sich von ihnen lossagen wollten. In derselben Weise wie Meyger
Ebd., S. 160-162 (Nr. 45).
Ebd., S. 193 (Nr. 69). Und an anderer Stelle (ebd., S. 195) heißt es in gleicher Weise: Die Verschwörer
hätten erreichen wollen, das die edlen und ir herren si furer nit hetten bezwungen, inen ze arbeiten nach
irem gevallen, als sie unzhar haben gethan.
Ebd., S. 187 (Nr. 66).
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