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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2013/0074
verstand auch Simon Strüblin den „Grundsatzartikel". Und zusätzlich sollte man noch auf das
„Bekenntnis" des Hans Humel verweisen. Die Bundschuher hätten gefordert, ihnen den Fisch-
und Vogelfang freizugeben; Strafgelder (fravel), Steuern und Bodenzinse hätten sie jedoch
weiter entrichten wollen; von andern zinsen und anschlegen sig ime nutz wissen, auch wisse er

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nichts davon, wie [dass] es über closter und den adel hätte gehen sollen.

Was aber war der „Grundsatzartikel" im Programm des Bundschuhs, wenn er nicht zum
Sturz aller Herren und Obrigkeiten mit Ausnahme von Papst und Kaiser aufrief? Der
„Grundsatzartikel" war dann das Bekenntnis des Bundschuhs zu der von Gott gesetzten, von
Papst und Kaiser als den Stellvertretern Gottes auf Erden repräsentierten christlichen Ordnung
in Kirche und Reich. In ihm traten die Bundschuher dem im kaiserlichen Mandat von 1502
festgeschriebenen Vorwurf entgegen, die Triebkraft ihres Bundes sei schrankenlose und blinde
Zerstörungswut, gerichtet wider die obristen hewbter, alle oberkeit, geistlicheit, cristenlich
ordnung\ sie entkräfteten die Anklage, ihr Wollen und Tun sei gleichbedeutend mit dem Ende
aller göttlichen, menschlichen, geistlichen und weltlichen rechten, aller oberkeit, regiment,

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derfursten, adels, stette. Der „Grundsatzartikel" war dann keine verfassungspolitische Aussage
, keine Antwort auf die Frage, welche Herren und Obrigkeiten es in Zukunft noch geben
sollte, sondern eine rechtfertigende Erklärung politisch-ethischer Natur. - „Papst" und „Kaiser
" in den „Bekenntnissen" jener Bundschuher sind nicht in erster Linie als reale Herrschaftsträger
zu verstehen, sondern als bildhafte Wendungen, als Metaphern für die göttliche Ordnung
in Kirche und Reich.

Eine derart „positive" Botschaft konnte der Betrachter auch aus dem Fahnenbild herauslesen
, das ohne Zweifel auf Joß Fritz selbst zurückging. Der Bauer kniet unter dem Kreuz. Er
bekundet seine Demut gegenüber Gott und der von ihm verfügten Ordnung - sowie gegenüber
Papst und Kaiser als den obersten (aber nicht notwendigerweise einzigen) Sachwaltern Gottes
auf Erden in geistlichen und weltlichen Dingen.

Die Stadt Freiburg hat dem „Grundsatzartikel" einen anderen Sinn unterlegt. Für sie war er
gleichbedeutend mit dem Vorsatz der Bundschuher, in Zukunft nur noch zwei Herren auf Erden
haben zu wollen, den Papst und den Kaiser. Und von Mal zu Mal geriet der „Grundsatzartikel
" in den Freiburger Schreiben radikaler. Zuerst wurde das Bekenntnis zu Gott fallen gelassen
, dann hieß es in einer Verordnung für die Zünfte, die Bundschuher wollten dhein hern
haben. Schwieriger zu deuten ist die Aussage des Jakob Huser im „Bekenntnis", das er gegenüber
der Stadt Basel machte. Geht man nicht davon aus, dass er sich in jugendlichem Leichtsinn
„um Kopf und Kragen" geredet hat, könnte er eine Überzeugung vertreten haben, die sich
bei den/bei einigen Bundschuhern mit dem Gang der Dinge - und das heißt: aus Enttäuschung
und Trotz - herausgebildet hatte: Man müsse alle Herren und Obrigkeiten mit Ausnahme des
Kaisers verjagen.

Man wird zugeben müssen, dass man sich bei der Deutung des „Grundsatzartikels" in das
interpretatorische Gestrüpp des „Wenn" und „Aber" begibt und dass jedes Ergebnis am Ende
mit Mutmaßungen behaftet ist. Eines wird man jedoch behaupten dürfen. Eine Gleichsetzung
des „Grundsatzartikels" mit der Sinndeutung durch die Stadt Freiburg und mit der Aussage des
Jakob Huser in Basel137 ist eine einseitige und willkürliche Verkürzung dessen, was die Quel-

Ebd., S. 226 (Nr. 107).

Zum Mandat des Kaisers von 1502 s. o. S. 44f.

Das taten Schreiber (wie Anm. 94), S. 9 und 13, sowie Wilhelm Zimmermann: Allgemeine Geschichte
des großen Bauernkrieges, Bd. 1, Stuttgart 1841, S. 160. Anders urteilt Rosenkranz, Bd. 1 (wie Anm. 1),
S. 276: „Man verbaut sich völlig das Verständnis für dieses Unternehmen des Joß Fritz, wenn man es mit
so allgemeinen Schlagworten abtun zu können meint. Der oberste Satz der Verschworenen hat vielmehr
gelautet, daß sie Papst und Kaiser in ihrer Macht unangetastet lassen wollten. Sie legten also Wert darauf,

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