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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2013/0080
Der Bundschuh überspannte eine Vielzahl großer und kleiner Herrschaften - er war herr-
schaftsübergreifend angelegt. Der Bundschuh sollte auch die ständischen Grenzen zwischen
Stadt und Land überwinden; deshalb war so oft die Rede davon, dass er auch unter den Freiburger
Bürgern seine Anhänger habe.

Die herrschaftsübergreifende Anlage des Bundschuhs ist vielleicht sein aussagekräftigstes
Kennzeichen. Denn ihr entsprach das programmatische Konzept. Joß Fritz wollte nicht einzelne
Missstände, die durch herrschaftliche Willkür hier oder dort eingerissen waren, beseitigen.
Ihm ging es vielmehr um eine grundsätzliche und deshalb herrschaftsübergreifende „Besserung
" der gestörten Ordnung. Sein Adressat war nicht diese oder jene Obrigkeit, seine Widersacher
waren die obern, die „Mächtigen" im Land. In ihrer „Abhandlung" über den Bundschuh
von Mitte November legte die Stadt Freiburg Joß Fritz eine weit ausholende Kritik an
den bestehenden Verhältnissen in den Mund. Sollte der Text von der Stadt nur erfunden worden
sein, wäre er doch gut und zutreffend erfunden worden; denn er traf den Kern dessen, was
Joß Fritz dachte und was ihn umtrieb.

Der Bundschuh wollte der „göttlichen Gerechtigkeit" wieder zum Sieg verhelfen. Abgesehen
davon, dass von der „göttlichen" Gerechtigkeit in den vorliegenden Quellen nur wenige
Male die Rede ist, verband Joß Fritz mit ihr keinen bislang „unerhörten" Sinn. Die „göttliche
Gerechtigkeit" wurde in der Bibel gefunden, doch ebenso über die menschliche Vernunft (als
das, was „billig", „ziemlich" und „recht" ist) sowie in dem, was „früher" einmal der Brauch
gewesen war. Für eine exklusive Anbindung der „göttlichen Gerechtigkeit" an das Wort Gottes
, wie zwölf Jahre später im Bauernkrieg, geben die Quellen keinen Hinweis. Der Rekurs auf
die „göttliche Gerechtigkeit" machte es jedoch möglich, grundlegende Änderungen zu verlangen
ohne Rücksicht auf das, was in den einzelnen Herrschaften jeweils „Recht" war bzw. dafür
ausgegeben wurde.

Die „Bekenntnisse" gefangener Bundschuher und die Berichte der Stadt Freiburg über die
Verschwörung enthalten einen sogenannten „Grundsatzartikel". Obwohl dieser Artikel in mehreren
inhaltlichen Versionen vorliegt, ist die zeitgenössische und später auch die wissenschaftliche
Literatur übereinstimmend der von Freiburg verbreiteten, obrigkeitlichen Deutung gefolgt
, die Anhänger des Bundschuhs hätten nur noch den Papst und den Kaiser als Herren
anerkennen wollen. Ich habe gezeigt, dass eine andere Sicht zumindest möglich, wenn nicht
gar wahrscheinlicher ist: Der „Grundsatzartikel" war das Bekenntnis der Bundschuher zu der
von Gott gesetzten Ordnung in Kirche und Reich, sinnbildlich ausgedrückt in der Unterwerfung
des Bauern unter Gott, Papst und Kaiser. Im „Grundsatzartikel" wiesen die Bundschuher
die gängige Anklage, amtlich festgelegt im kaiserlichen Mandat von 1502, zurück, sie hätten
jede Ordnung, jedes geistliche und weltliche Recht sowie jede Obrigkeit vernichten wollen.

In den „Bekenntnissen" gefangener Bundschuher werden sodann einzelne Forderungen
(„Artikel") benannt. Sie zielen auf eine ökonomische Entlastung der Bauern und auf eine Stärkung
der Gemeinden. Betroffen sind Adel und Klerus gleichermaßen. Mit Ausnahme des
bundschuhspezifischen Schuldenartikels enthalten die Forderungen nichts, was nicht auch in
anderen Aufständen eingeklagt wurde.

Den „Artikeln" angehängt ist ein „Totschlag"-Artikel. Abgesehen von der zeittypischen
martialischen Sprache (die man nicht wörtlich nehmen darf), propagierte auch er nicht das
Ende des Adels und der Ehrbarkeit. Er drohte nur denjenigen Herrschaften, die sich dem gottgefälligen
Vorhaben der Bundschuher entgegenstellen würden, Vergeltungsmaßnahmen an.

Als Ergebnis der erneuten Befragung der Quellen bleibt festzuhalten: Der Bundschuh von
1513 hatte nicht den politischen und gesellschaftlichen Umsturz, nicht die Revolution auf
seine Fahne geschrieben. Was Joß Fritz anstrebte, ist zutreffender umschrieben mit „Besse-

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