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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2013/0106
Sie wird ihren Kindern später nicht sehr viel von der Lazarettzeit erzählen, vielleicht weil
diese Erinnerungen sie schmerzten. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass die Erlebnisse des Zweiten
Weltkrieges, die sie mit ihren Kindern erlebt hat, noch einprägender waren, sodass sie
mehr über diese Zeit sprechen wollte.

Im „Zweiten Buch" erfährt der Leser auch mehr über Annis Leben, im Gegensatz zum „Ersten
Buch", in welchem sie als Beobachterin hinter den Ereignissen zurücktritt. So erfahren wir,
dass ihr Privatleben seit dem Kriegsausbruch wohl sehr eingeschränkt war, bzw. der Krieg es
erschwerte, Freundschaften zu pflegen. Im Februar - ein halbes Jahr nach Kriegsausbruch -
schreibt sie in ihr Tagebuch:

Wie einem das komisch vor kommt in Zivilkleidung. Erika und Hilda waren bei mir

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zum ersten mal nach Kriegsausbruch.

Über Familie oder Aktivitäten außerhalb des Lazarettes erfährt der Leser nichts. Entweder
hat sie dieses Tagebuch speziell zur Erinnerung an ihre Arbeit im Lazarett geschrieben oder
sie hatte tatsächlich kein Privatleben mehr, weil sie die meiste Zeit im Dienst war. Arbeit und
Privates vermischten sich dadurch zusehends. Dies wird am Beispiel eines Patienten deutlich,
in den sie sich offensichtlich ein wenig verliebt hatte, was wohl auf Erwiderung stieß, aber
auch zu Konflikten führte:

Unserem Kleinen der mit dem Lungenschuß geht es nicht gut. Er ist mein besonderer
Freund und ich versorge ihn beinah allein.26

Von jeder Apfelsine die ich ihm zurecht mache muß ich ein[e] Scheibe essen sonst ist
er nicht zufrieden.21

Von Dienstag bis Samstag hat er mir Mos mit ja und nein geantwortet als Grund gab

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er an, ich habe ihn zu sehr gekränkt. Ich ahne aber nicht wieso.

Quellenwert

Bei beiden Büchern handelt es sich um Autografen. Aufgrund seiner Struktur muss das „Erste
Buch" durch die Autorin redaktionell überarbeitet worden sein.

Wie eingangs erwähnt, sind die Quellen von Grund auf verschieden und müssen deshalb
auch in ihrem Quellenwert getrennt voneinander bewertet werden.

Das „Erste Buch" hat durch seine episodische Erzählung Unterhaltungswert und hohen
Identifikationscharakter mit der Lazarettschwester Anni. Das „Zweite Buch" dagegen wirkt
durch seine persönliche und unverfälschte Art ansprechend auf den Leser und ermöglicht einen
Einblick in das Leben des Mädchens Anni.

Beide Aufzeichnungen geben einen ganz persönlichen Einblick in das durch die Akten nur
recht trocken dokumentierte Leben im Lazarett. Aktenbündel mit Zahlen über die Verletzten
und deren Verteilung auf die städtischen Lazarette bekommen mit dem Fähnrich oder dem
,Lungenschuss' zwar noch kein Gesicht, aber ein greifbares menschliches Schicksal und die

Ebd., Z. 448f.
Ebd., Z. 487f.
Ebd., Z. 494f.
Ebd., Z. 593-595.

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