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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2013/0128
dass man sich trügerischen Hoffnungen hingegeben hätte, der Verfolgungsdruck würde nach
den massiven Deportationen nach Gurs im Oktober 1940 abgeschwächt werden. Im Gegenteil:
Die Maßnahmen der Ausgrenzung hatten in der Folgezeit ständig zugenommen. Aber angesichts
der unnachsichtigen Härte, welche ihnen im jetzigen Schreiben entgegentrat, mussten
sie doch eine einschneidende bzw. radikale Verschärfung ihrer Situation befürchten.

Der nachfolgende Bericht zeichnet zunächst das Lebensbild von drei der betroffenen Familien
bis gegen Ende des Jahres 1940 auf. Anschließend soll dargestellt werden, wie auch nach
der Katastrophe von Gurs der Prozess der völligen Entrechtung der jüdischen Bevölkerung
weitergetrieben wurde und in den dramatischen Ereignissen der Augusttage 1942 seinen Höhepunkt
gefunden hat. Am Schicksal der Freiburger Deportierten ist schließlich der Frage
nachzugehen, inwieweit es für sie eine Chance gab, Theresienstadt selbst und die Gefahr einer
Weiterdeportation zu überleben.

Drei Biografien

Adolf und Pauline Besag - eine Allianz fürs Leben?

Beide Ehepartner stammen aus dem mittelbadischen Gebiet südlich von Karlsruhe: Adolf Besag
kommt am 7. Februar 1873 in Bühl, seine Ehefrau Pauline, geb. Maier, am 20. März 1875
in Malsch auf die Welt. Tochter Luise wird als einziges Kind am 27. April 1905 in Mannheim
geboren. Hier startet Besag ein Jahr zuvor seine berufliche Karriere bei der „Oberrheinischen
Versicherungsgesellschaft". Er ist gelernter Versicherungskaufmann - ein eher seltener Beruf
im jüdischen Umfeld; aber schon sein Vater Emil Besag hatte, wie es hieß, als „Buchhalter von
Heidelberg" sein Geld in einem Büro in Bühl und nicht auf den Viehmärkten des Landkreises
verdient. Über 30 Jahre stellt der Sohn seine Arbeitskraft dem Dienstleistungsunternehmen zur
Verfügung, nur durch einen 4-jährigen Fronteinsatz während des Ersten Weltkrieges unterbrochen
. Ab 1914 in Freiburg wohnhaft, vertritt er ab Mitte der 20er-Jahre die dortige Niederlassung
in führender Stellung als Subdirektor; er festigt diese Position auch, als der Mannheimer
Konzern wenige Jahre später mit der „Allianz und Stuttgarter Verein Versicherungs AG" fusioniert
. Besag ist in beamteter Stellung als Haftpflichtschadensregulierer für den gesamten
südbadischen Bezirk der „Allianz" verantwortlich. Man wohnt im bürgerlichen Umfeld zur
Miete in der Friedrichstraße, Vierlinden 1, dann Zasiusstr. 84; mit 480 RM monatlichem Fixum
und den erhaltenen Spesen leben Besags in gutsituierten Verhältnissen. Tochter Luise
wird nach ihrer Ausbildung zur Stenotypistin von 1930 bis 1933 für die Allianz Freiburg tätig.
Nach ihrer Heirat mit Georg Drewienka aus Schönsee/Westpreußen im August 1932 übersiedelt
sie zu ihrem Ehemann nach Frankfurt. Dieser arbeitet dort als Außenberater ebenfalls bei
der Allianz. Sohn Peter wird 1935 geboren.

Mit Beginn des Jahres 1936 ändern sich alle bisher so konfliktfrei verlaufenen Entwicklungen
grundlegend. Zunächst spricht die Allianz die vorzeitige Pensionierung Adolf Besags zum
1. April 1936 aus - wegen „rassischen Gründen"; für einen überaus treuen und verantwor-

ein behördliches Dokument der Lagerleitung Theresienstadt schließen, Hauptstaatsarchiv Stuttgart, EA
99/001 und Bü 267. Dazu auch Paul Sauer: Die Schicksale der jüdischen Bürger Baden-Württembergs
während der nationalsozialistischen Verfolgung 1933-1945. Statistische Ergebnisse der Erhebungen der
Dokumentationsstelle bei der Archivdirektion Stuttgart und zusammenfassende Darstellung, Stuttgart
1969, S. 297f.

Zu den biografischen Daten: Staatsarchiv Freiburg (StAF), F 196/1-02196 (Adolf Besag), -14956 (Pauline
Besag) und -08936 (Luise Drewienka). Desgl. StadtAF, Einwohneradressbücher der Stadt Freiburg.

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