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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2013/0147
das Durchschnittsalter betrug 68 Jahre. Ging man durch die Abteile des Zuges, sah man, dass
ein ähnlicher Altersschnitt auch für die Juden der anderen Herkunftsorte galt.40 Bei den „Endlösungsplänen
" der Nazis im Gefolge der Wannseekonferenz war Theresienstadt vor allem für
diese Zielgruppe ausgewählt worden. Zunächst sollte es alten Juden sowie Veteranen und
Prominenten als „Sterbelager" dienen. Wichtiger war indes seine weitere Funktion als Durchgangs
- und Sammellager im Sinne einer „Endlösung der Judenfrage" durch die Weiterdeportation
in den Osten. Um diese Zielsetzung zu verbergen, machten die Nazis einige Anstrengungen
, diesen Ort propagandistisch als Vorzugsghetto zu präsentieren; mit der Zulassung politischer
Selbstverwaltung sowie kultureller Aktivitäten sollte das Bild einer lebendigen städtischen
Einheit der Juden nach außen vermittelt werden.

Für die Bewältigung der Transportprobleme griff man auf bewährte Erfahrungen zurück.
„Als das RS HA im Oktober 1941 nach einer längeren Vorbereitungszeit mit der systematischen
Verschleppung der Juden aus dem ,Großdeutschen Reich' (mit Österreich und dem Protektorat
') begann, bediente es sich zur Durchführung seiner Pläne in erster Linie der regionalen
Dienststellen von Sicherheitspolizei und Ordnungspolizei, aber auch zahlreicher kommunaler
Behörden. In logistischer Hinsicht wurde [...] ganz selbstverständlich die Mitwirkung
von Reichsverkehrsministerium und Reichsbahn in Anspruch genommen. Andere Verkehrsträger
kamen angesichts der vorgesehenen Menschenmengen und Transportweiten dafür nicht in
Betracht; an der Leistungsfähigkeit der Eisenbahn bestand kein Zweifel."41 Mit Rücksicht auf
den Transportraum, den die Wehrmacht im Sommer 1942 im Krieg gegen die Sowjetunion
benötigte, begannen die Deportationen nach Theresienstadt mit einzelnen Waggons, welche
fahrplanmäßigen Zügen angehängt wurden. „Ab August 1942 wurden aber auch Massentransporte
mit jeweils über 1000 Menschen aus zahlreichen Städten im Reich nach Theresienstadt
abgefahren;" sie waren als „Sonderzüge für Umsiedler, Erntehelfer und Juden" gekennzeich-

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net. So legte eine Fahrplankonferenz in Frankfurt/Main Anfang August ein für 12 Wochen
vorgesehenes Transportprogramm fest; darin stellte sie für den 22. August 1942 dem Reichssicherheitshauptamt
einen Sonderzug zur Verfügung. Er konnte 1.000 Menschen befördern; mit
der Nr. „DA 305" gekennzeichnet, war er in direkter Verbindung zwischen Karlsruhe und Theresienstadt
eingeplant43

Stundenlanges Warten auf dem Inneren Nordbahnhof in Stuttgart. Erst am späten Abend, im
Schutz der Dunkelheit, stieß die endlose Kolonne der vielen Hundert württembergischen Juden
zu ihnen und besetzte die Abteile des aus 20 Personenwagen bestehenden Zuges. Ein beschwerlicher
Marsch von der Höhe des Stuttgarter Killesbergs herunter lag hinter ihnen. Dort
waren die meisten bereits seit Tagen interniert gewesen, nachdem Polizeikräfte sie in 13 Gemeinden
verhaftet und verschleppt hatten. Der Killesberg, vielbesuchter Volkspark und 1939
Austragungsort der Reichsgartenschau, hatte für einige Tage geschlossen, da er zum Sammelpunkt
für die anstehende Deportation umfunktioniert werden musste.44

Dokumente über die Verfolgung (wie Anm. 2), S. 313.

Alfred B. Gottwaldt/Diana Schulle: „Juden ist die Benutzung von Speisewagen untersagt". Die
antijüdische Politik des Reichsverkehrsministeriums zwischen 1933 und 1945 (Schriftenreihe des Centrum
Judaicum / Stiftung Neue Synagoge Berlin 6), Berlin 2007, S. 79.
Ebd., S. 82.

Sonderzüge in den Tod. Die Deportationen mit der Deutschen Reichsbahn, Begleitdokumentation der
Deutschen Bahn AG zur gleichnamigen Wanderausstellung, hg. von Andreas Engwert und Susanne
Kill, Köln 2009, S. 64ff.; Alfred B. Gottwaldt/Diana Schulle: Die „Judendeportationen" aus dem
Deutschen Reich 1941-1945. Eine kommentierte Chronologie, Wiesbaden 2005, S. 266ff.
Detailliert Roland Müller: Das Sammellager im „Volkspark". Die 3. Reichsgartenschau Stuttgart 1939
und die Deportation der württembergischen Juden 1941/1942, in: Gärten und Parks im Leben der jüdischen
Bevölkerung nach 1933, hg. von Hubertus Fischer und Joachim Wolschke-Bulmahn (CGL-

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