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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2013/0160
e i n Raum ist, sondern aus vielen unterschiedlichen Elementen besteht.19 Aus meiner Sicht
gelingt der Anspruch, die Forschung voranzutreiben und zugleich Geschichte optimal zu vermitteln
, dann am besten, wenn vom Menschen und seiner Lebenswelt ausgehend die gesellschaftlichen
Strukturen erschlossen werden. Auf diese Weise kommt am ehesten die Verflechtung
der verschiedensten Bereiche und Ebenen in den Blick - auch der wissenschaftlichen:

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von der Strukturgeschichte bis zur Historischen Anthropologie. Zugleich kann so an den Erfahrungshorizonten
der Leserinnen und Leser angeknüpft werden.
Diesen Ansatz könnten die Verfasser künftige Orts-, Stadt- und Regionalgeschichten auf-

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greifen und weiterentwickeln. In neueren Arbeiten wird dafür plädiert, bei der Verbindung
von Mikro- und Makroebene die globalhistorische Perspektive nicht zu vergessen, etwa die
Internationalisierung städtischer Unternehmen, der Kommunikation oder der Migration. Das
liegt in Grenzstädten wie Basel und auch Freiburg besonders nahe, dürfte aber überall möglich

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sein. Dazu gehört auch die vergleichende Einbindung in die Gesamtentwicklung der europäischen
Städte und Regionen. Sie stellen keine isolierten oder autonomen Inseln dar. Das ist al-
lerdings leichter gesagt als getan, denn es gibt keinen einheitlichen europäischen Typus.
Durch die vergleichende Betrachtung dieser Unterschiedlichkeiten würde jedoch die Besonderheit
der jeweiligen Stadt und Region hervortreten. Von Prozessen in der jüngsten Vergangenheit
ausgehend wäre weiterhin das Verhältnis zwischen Stadt und Land, insgesamt die
räumliche Gliederung zu untersuchen.24 Wie entstehen Raumvorstellungen? Wie werden sie
geprägt? Wie wird „Raum" produziert? Der Ort, die Stadt, die Region ist als ein kultureller
Raum mit vielen Bestandteilen und Beziehungen zu verstehen. Dabei wird von einer normativen
Sicht auf urbanes und ländliches Lebensgefühl abgesehen. Hingegen ist die Alltagswelt zu
verfolgen, wie sich Denken und Handeln Einzelner ausbilden, im Wechselverhältnis mit den
jeweiligen Strukturen stehen und im Raum niederschlagen. Das schließt Ideen, Pläne, Träume,
Hoffnungen, also den „Möglichkeitsraum" ein, so wie es auch um Handlungsalternativen geht,
die nicht verwirklicht werden konnten. Das Mögliche ist auch eine Form von Wirklichkeit, an
der angeknüpft werden kann. Zusammen mit den topografischen Gegebenheiten und realen
Vorgängen sowie nicht zuletzt den sinnlichen Erfahrungen kann so der „Charakter" eines

19 So beispielhaft: Kreuzlingen. Kinder, Konsum und Karrieren 1874-2000, hg. von Michael Bürgi, Monica
Rüthers und Astrid Wüthrich, Kreuzlingen 2001. Schlüssig wirkt hier auch das Konzept, Chronologie
und thematische, lebensweltlich orientierte Längsschnitte (Milieus, Einkaufsgewohnheiten, Kinderalltag)
sowie Schlaglichter zu verbinden.

Hier können die Überlegungen zur Histoire croisee aufgegriffen werden, vgl. Michael
Werner/B enedicte Zimmermann: Vergleich, Transfer, Verflechtung. Der Ansatz der Histoire croisee und
die Herausforderung des Transnationalen, in: Geschichte und Gesellschaft 28 (2002), S. 607-636.

21 Dazu Schumacher (wie Anm. 4), S. 296f. Zum früheren Stand nach wie vor lesenswert: Stadtgeschichtsforschung
. Aspekte, Tendenzen, Perspektiven, hg. von Fritz Mayrhofer (Beiträge zur Geschichte der
Städte Mitteleuropas 12), Linz 1993.

22 Vgl. Region und Grenze. Die Bedeutung der Grenze für die Geschichte Südbadens in der Zwischenkriegszeit
, hg. von Markus Eisen und Robert Neisen für den Arbeitskreis Regionalgeschichte Freiburg (Alltag &
Provinz 15), Freiburg 2013.

Vgl. Heiko Haumann: Die russische Stadt in der Geschichte, in: Jahrbücher für Geschichte Osteuropas 27
(1979), S. 481-497.

24 Friedrich Lenger: Die europäische Stadt in der Moderne - eine Herausforderung für Sozialgeschichte,
Stadtgeschichte und Stadtsoziologie, in: Unterwegs in Europa. Beiträge zu einer vergleichenden Sozial-
und Kulturgeschichte, hg. von Christina Benninghaus u.a., Frankfurt a.M./New York 2008, S. 357-376.
Einen Überblick über die „Perspektiven historischer Stadtforschung" vermitteln auch die Beiträge in: Informationen
zur modernen Stadtgeschichte 33 (2002), H. 1, S. 54-101, sowie ebd. 42 (2012), H. 2, S. 5-
105. Hier und im Folgenden vgl. Heiko Haumann: Chancen und Probleme der Alltags- und Regionalgeschichte
. Das Beispiel der Grenzregion Oberrhein, in: Ders.: Lebenswelten und Geschichte. Zur Theorie
und Praxis der Forschung, Wien/Köln/Weimar 2012, S. 49-69 (auch in: Region und Grenze [wie Anm. 22],
S. 28-48).

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