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samkeiten in den Schützengräben, von schlechter Witterung, Schlamm, Ratten, Läusen, Hunger
und dem immer währenden Schanzen. Es fällt auf, dass Hermann Föller die Gräuel des Krieges, in
dem rund zehn Millionen Menschen getötet und Abermillionen verletzt wurden, verschwieg, was
wahrscheinlich den Vorschriften der Zensur geschuldet war. Neben der Kameradschaft, den Sorgen
um Verpflegung und Geld, sorgte er sich um die Eltern zu Hause.
Susanne Asoronye geht es in dem Buch jedoch nicht alleine um die Edition der 360 Feldpostbriefe
. Jede Seite ziert mehrere Reproduktionen von Bildern, Karten, Postkarten, Plakaten oder Milita-
ria aus unterschiedlichen Beständen sowie diverse Erläuterungen. So gelingt es ihr in mühevoller
Kleinarbeit den schweren Kriegsalltag, den Hermann Föller nicht erwähnt oder erwähnen darf, hinreichend
darzustellen und in einen größeren Kontext einzubetten. Es entsteht ein Abbild der damaligen
Lebenswelt, wenn Asoronye die Heimat Hermanns mit einbezieht in ihre Darstellung, wie
zum Beispiel die Aufgaben des Königsbacher Kriegs-Hilfsvereins. In einem Sonderteil beschäftigt
sie sich mit den Schicksalen weiterer Königsbacher Kriegsteilnehmer.
Der Herausgeberin gelingt es, die erste Katastrophe des 20. Jahrhunderts, den Ersten Weltkrieg,
an dessen Ende die politische Ordnung sowie die Werte und Mentalitäten völlig verändert waren,
auf einer heimatgeschichtlichen und lebensweltlichen Ebene zu beschreiben. Die gewonnenen Erkenntnisse
sind dabei regional unabhängig, da das Schicksal eines Hermann Föller sich unzählige
Male in diesem Krieg wiederholte. Dargleff Jahnke
Barbara Hammes: Ritterlicher Fürst und Ritterschaft. Konkurrierende Vergegenwärtigung ritterlich
-höfischer Tradition im Umkreis südwestdeutscher Fürstenhöfe 1350-1450 (Veröffentlichungen
der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg: Reihe B, Forschungen
185), W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2011, 406 S., 41 S/W-Abb.
Diese im Sonderforschungsbereich 434 unter der Leitung des Mediävisten Werner Rösener an der
Justus-Liebig Universität Gießen entstandene und im Wintersemester 2008/2009 als Dissertation
angenommene Forschungsarbeit versteht sich als Teil eines Forschungsprojektes über „Könige und
Fürsten des Spätmittelalters und ihre Erinnerungskultur". Chronologisch auf dem Rand des Spätmittelalters
und geografisch auf die „Südwestdeutsche Ecke" zwischen Heidelberg, Baden-Baden
und Stuttgart bezogen, stellt die Autorin mit ihren Forschungsergebnissen die seit vielen Jahren in
der Geschichtswissenschaft etablierte These von zwei „Ritterrenaissancen" (Werner Paravicini) in
Frage, „als ob jetzt Literatur in Wirklichkeit umschlüge" (S. 1). In drei thematisch stark getrennten
und verschiedenartigen Teilen führt die Verfasserin den Leser durch ein Jahrhundert (1350-1450),
das eine kontinuierliche Vergegenwärtigung der ritterlich-höfischen Tradition pflegte, um „Ritterlichkeit
" als Bindeglied zwischen den herrschenden gesellschaftlichen Schichten zu nutzen. Der
erste Teil (S. 11-151) ist auf die Medialität der Vergegenwärtigung ritterlich-höfischer Tradition am
Fürstenhof fokussiert. Bezeichnend dafür ist die ständige Anwesenheit der ritterlichen Symbolik in
der damaligen materiellen Kultur, so im Falle des Tafelgedecks des Grafen Eberhard III. von Württemberg
(1364-ca. 1417), worauf typische Motive der ritterlich-höfischen Tradition abgebildet waren
, wie Tier-, Menschen- und Wappendarstellungen. Der zweite Teil (S. 153-312) untersucht die
zwiespältige Beziehung zwischen den zwei konkurrierenden Traditionen der Ritterschaft und der
ritterlichen Fürsten, die am Hof um die ihre Vorherrschaft bangten. Eine wesentliche Rolle in dieser
Auseinandersetzung spielte die Gründung der Hofgesellschaften, wie im Falle der 1444 vom Pfalzgrafen
und Kurfürsten Ludwig IV. von der Pfalz (1424-1449) gegründeten „Pelikan-Gesellschaft",
die die Autorin als den Versuch, die Adelsgesellschaft wieder verstärkt auf den Fürstenhof zu beziehen
, deutet. Der dritte und letzte Teil (S. 313-384) ist auf die Zuschreibung und Aberkennung
von Ritterlichkeit zentriert. Hier werden Quellen wie die Limburger Chronik des Tilemann Elhen
von Wolfhagen (um 1398) oder das Fechtbuch des Hans Talhoffer (1459) erläutert, um die soziale
und machtpolitische Bedeutung bestimmter Bräuche wie dem Vollbringen ritterlicher Taten oder
die Herausforderung zum Zweikampf zu verstehen. Fern von jeder Art von Anteilnahme an den in
der Fürstenentourage geltenden „werttragenden" Ritualen, fasst die Autorin in einem bewussten
Abstandnehmen in der Schlussbetrachtung (S. 385-388) die ihrer Meinung nach wesentliche Funktion
und Rolle der ritterlich-höfischen Kultur zusammen: „Ritterlich-höfische Kultur war per se
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