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bekannt, wie das Aufnahmegesuch für Low beschieden wurde, das David 1811 und 1812 an das
nun nicht mehr markgräfliche, sondern jetzt großherzogliche Oberamt gerichtet hatte,14 und wie
und wohin die beiden Töchter verheiratet wurden.
Aber noch im Jahr 1799 lebten alle fünf Kinder bei ihren Eltern, deren Vermögen zu diesem
Zeitpunkt mit 1.700 Gulden angegeben wurde.15 Dazu passt allerdings nicht der mit 4 Gulden
recht geringe Betrag für das jährlich zu bezahlende Schutzgeld, das bei anderen Familien ungefähr
gleicher Personenzahl und gleichen Vermögens leicht das Vier- bis Fünffache betrug.16
Vielleicht gibt ein Brief Davids an die Vorgeachte Ehrenveste Vorgesetzte und Richter vom 26.
März 1787 einen Hinweis, in dem er schreiben ließ - er selbst konnte die deutsche Schrift nicht
schreiben -, dass ihm das jährliche Wunn- und Weidgeld, das noch wie zu seines Vaters Zeiten 1
Gulden 40 Kreuzer betrug, doch bitte erlassen werde. Es sei dem Hohen Gericht bekannt, dass
ich Armuths halben, den Handel des Viehes schon mehrere Jahre unterlassen und also mein Brod
anders als hierdurch suchen musste}1
Nur wenige Tage zuvor, am 16. März 1787 schrieb das Oberamt an den Vogt Friedrich
Willin, die mit Arrest belegten Effeckten des Juden David Levi können desselben Frauen gegen
Bescheinigung wieder ausgefolgt werden, jedoch unter Bezahlung der deswegen darauf gegangenen
Gerichtskosten.1*
David befand sich damals offenbar in einer finanziell prekären Lage. Vielleicht ging es hier
um eine Beschlagnahme oder Pfändung von Gebrauchsgegenständen, weil er mit Zahlungen im
Rückstand war. Leider sind im Archiv nur wenige Puzzlestücke erhalten, die es nicht gestatten,
ein kohärentes Bild daraus zu machen. Aber immerhin haben wir heute Dank der geforderten
Bescheinigung mit ihren eigenhändigen und sogar beglaubigten Unterschriften ein ganz persönliches
Erinnerungsstück an David und Esther: Weilen obiger Jud noch dessen Frau nicht
Deutsch schreiben können, so haben sie ihre Nahmen Ebräisch unterschrieben, solches bezeugen
Friedrich Willin, Vogt, Johannes Fischer, Waysenrichter. In die Deutsche Schrift transkribiert
haben David und Esther unterzeichnet mit „des bekenn ech David Levi von Müllheim" darunter
lapidar und in eigenwilliger „hebräischer" Rechtschreibung „Esther" (Abb. 2).
Danach muss David doch wieder versucht haben, mit Vieh zu handeln. Aber es war ihm
damit kein Glück beschieden. Anfang Juli 1793 verkaufte er eine Milchkuh an einen Bauern
in Niedereggenen. Die verpflichteten Viehschauer, die die Kuh visitierten, mussten feststellen,
dass sie einen Hauptmangel hätte. Sie sei züpplich oder umgänig, was man heute darunter auch
verstehen mag. David musste die Kuh wieder zurücknehmen und den Bauern schadlos halten.19
Nun hatte David eine Kuh im Stall, von der jedermann wusste, dass sie einen Mangel hatte,
die wertlos geworden und unverkäuflich war. Obendrein musste sie noch gefüttert werden. Er
wartete noch, bis die heiße Jahreszeit vorüber war und stellte im Oktober beim Oberamt den
Antrag, die Kuh Schächten zu dürfen. Die Erlaubnis wurde am 30. Oktober 1793 erteilt, doch
so, daß er davon an die hiesige Inwohnerschaft nichts verkaufen darf, bei 30 xr Straf aufjedes
Pfund.20 30 Kreuzer sind ein Vi Gulden, es war ihm also eine hohe Strafe angedroht worden. Der
erlittene Verlust bei seinem Kuhhandel war hoch gewesen, da es zudem sicher nicht leicht gewesen
war, Käufer für sein Kuhfleisch zu finden.
14 StadtAM, „Judensachen" VI 1, Heft 4, 1795-1822 „Schutzbürgerannahme".
15 GLA, 74/3691.
16 Ebd.
17 StadtAM, „Judensachen" VI 1, Heft 4.
18 Ebd.
19 StadtAM, „Judensachen" VII 3, Heft 1, 1756ff. „Viehhandel".
20 StadtAM, „Judensachen" VI 1, Heft 2, 1753-1756 „Judensachen".
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