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Abb. 4 Jüdischer Friedhof in Müllheim, Grab Nr. 45, Bruchstück mit Abbildung eines Schofars
(Foto: Rolf Schuhbauer).
den Schutzbürgern wurden Bürger und Städte wie Freiburg mussten jetzt auch Juden den Zuzug
gewähren.
Die Grabsteine haben nun nicht mehr die traditionelle Stelenform mit einer rein hebräischen
Inschrift. Jetzt unterscheiden sie sich mit ihren oft historisierenden Schmuckelementen kaum
noch von Grabsteinen auf christlichen Friedhöfen derselben Zeit. Sie wurden „modern". Zwar
sind ihre Inschriften im Zentralbereich noch hebräisch, aber die Steine stehen auf einem Sockel,
auf dem in der Regel der Name auf Deutsch und die Lebensdaten nach dem gregorianischen
Kalender angegeben sind.
David war am 16. September 1817 geboren worden. Er wurde von seinem Vater nicht in eine
höhere Schule geschickt wie sein Cousin Abraham von der Müllheimer Linie, aber er erlernte
den Beruf eines Seifensieders und Handelsmanns. Damit gehörte er zu den Juden, von denen
es im Judenedikt von 1809, Abschnitt XXI heißt, die mittels rühmlicherer Anstrengung ihrer
Kräfte und zu Unserem besonderen gnädigsten Wohlgefallen ein anderes ehrenvolleres Gewerb
ergreifen. Für eine jüdische Gemeinde war das Seifensieden ein wichtiges Gewerbe, denn wie die
Speisen mussten auch die Seifen für die Körperpflege und Wäsche koscher sein, also nach dem
rituellen Reinheitsgebot hergestellt werden. Seifensieder war deshalb ein Beruf, der wie der des
Schächters der strengen Kontrolle durch das Rabbinat unterlag.
Durch sein Alter und seinen Beruf in eine Lage versetzt, dass er eine Familie gründen und
ernähren konnte, wurde für ihn am 19. Oktober 1842 die eheliche Verbindung mit der zwei Jahre
älteren Halbwaise Matel Meier arrangiert. Ihr Vater war Liebmann Meier aus Müllheim, der im
Wald bei Schliengen ermordet worden war. Es war für die Gemeinde eine „Mitzwe", ein religiöses
Gebot, für sie einen rechten Ehemann zu finden. Das ist wohl auch geschehen, denn Matel,
die mit ihrem Vornamen spielte und sich erst Malina nannte, bis sie sich dann für Marie entschied
, schenkte David sechs Kinder, fünf Mädchen und einen Jungen. Der erhielt nach Matels
Vater den Vornamen Liebmann und sollte die Badenweiler Linie weiterführen.
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