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Entleerungsgebühr nicht nachgekommen war,29 meldete diese Anfang November 1886 kurzfristig
Konkurs an.
Das Interesse der Stadt am Weiterbetrieb der Poudrettefabrik dürfte jedoch ohnehin nicht ganz
ungetrübt gewesen sein. So soll von der im Volksmund scherzhaft „Rosenhof' genannten Anlage30
eine erhebliche Geruchsbelästigung ausgegangen sein, welche nicht nur im Stadtteil Stühlinger,
sondern bis hin zu der fast einen Kilometer entfernten heutigen Rempartstraße wahrnehmbar
gewesen sein soll.31 Auch der ebenfalls in der Lehenerstraße ansässige Orchestrionfabrikant und
Stadtverordnete Welte beklagte, dass die üblen Ausdünstungen in ungünstiger Weise auf Hals,
Brust und Magen der Bewohner des Stadttheils Stühlinger wirkten.32 Es hatten sich daher im
Oktober 1886 zahlreiche Bürger mit einer Unterschrifteninitiative an den Stadtrat gewandt, um
ein von der Stadt subventioniertes Weiterbestehen der Poudrettefabrik zu verhindern, welche der
gesamten Einwohnerschaft des westlichen Stadttheils ein Greuel sei.33
In der Folge übernahm nach einer fast 20jährigen an Mißerfolgen reichen Geschichte die
Stadt das Abfuhrwesen schließlich in Eigenregie, ging zu dem effizienteren System einer straßenweisen
Entleerung über und konnte so schon bald die Beschwerden über verspätete Entleerung
zum Verstummen bringen.34
Nicht gelöst war weiterhin das Problem der Zwischenlagerung des Aushubs. Einerseits benötigte
man weiterhin Lagergruben für insgesamt etwa 11.000 Kubikmeter jährlich, da während
der Düngezeit nur 6.000 Kubikmeter direkt verwertet werden konnten, andererseits schritt die
zwischenzeitlich begonnene Anlegung einer Schwemmkanalisation stetig voran, sodass immer
mehr Fäkalien auf diesem Weg abgeführt wurden und die in der Herstellung sehr teuren Gruben
bald wieder überflüssig würden.35
Der Stadtrat erwog daher zunächst den Bau einer Grube von 3.000 Kubikmetern Inhalt im
Gewann „Galgenacker" östlich von Haslach, welcher aber vom Bürgerausschuss wegen befürchteter
Geruchsbelästigung abgelehnt wurde. Da für einen geeigneten alternativen Standort zwischen
Uffhausen und Haslach dagegen die übermäßigen Fuhrkosten problematisch erschienen,
ließ der Stadtrat ein Projekt für eine Pferdebahn ausarbeiten, um den Transport zu beschleunigen,
ferner ein solches für eine Röhrenleitung, durch welche die Fäcalien in eine Düngergrube am
Wege von St. Georgen nach Betzenhausen befördert werden sollten. Die Pferdebahn erwies sich
jedoch als unzweckmäßig und die Röhrenleitung als ein gewagtes und sehr theures Experiment.^
Man verfiel daher als nächstes auf den Plan, den Fäkaliendünger per Eisenbahn in die umliegenden
Dörfer zu transportieren und dort direkt aus den Tonnenwägen in die Fuhrwerke der
Vgl. Vorlage des Stadtrathes 1887 (wie Anm. 6), S. 9.
Vgl. Engelbert Krebs: Eugen Krebs (1848-1912). Bilder aus dem Leben eines Alt-Freiburger Bürgers,
Freiburg o. J. [1912], S. 58.
Vgl. Freiburger Tagblatt vom 5.6.1887, Nr. 126, S. 585.
Vgl. Freiburger Tagblatt vom 6.11.1886, Nr. 257, S. 1260.
Vorgedruckte Petitionsliste gegen das Fortbestehen der Poudrettefabrik vom 13.10.1886, StadtAF, Cl
Polizeisachen 10 Nr. 6.
Vorlage des Stadtrathes 1887 (wie Anm. 6), S. 9.
Vgl. ebd.
Vorlage des Stadtraths an den Bürgerausschuß, die Abfuhranstalt betr., Februar 1888, S. 4. Der Transport
in der Röhrenleitung sollte vermutlich mittels einer Saugpumpe bewerkstelligt werden nach Vorbild des
damals in Amsterdam praktizierten „Liernur-Systems". Vgl. dazu John von Simson: Kanalisation und
Städtehygiene im 19. Jahrhundert (Technikgeschichte in Einzeldarstellungen 39), Düsseldorf 1983, S.
151-164.
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