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Wertes der Fäkalien also keine entscheidende Rolle, sondern offensichtlich nur die finanzielle
Belastung für die Hauseigentümer.
Kast ließ sich von der Kritik jedoch nicht beirren. Zusammen mit dem 1878 zum Stadtrat
gewählten Bankier Eugen Krebs kämpfte er in den folgenden Jahren für die Anlegung eines
zusammenhängenden Kanalnetzes. Am 18. Mai 1881 beschloss der Bürgerausschuss zu diesem
Zweck eine Kapitalaufnahme in Höhe von 94.000 Mark, zunächst für die Herstellung von
Kanälen in der Albert Straße.60 Nach Überprüfung eines 1879 von dem Geometer Muggenfuß
erstellten Entwurfs durch den renommierten Zürcher Ingenieur Bürgli-Ziegler61, wurde am 23.
März 1882 ein Vertrag zwischen der Stadt und den Firmen A. Krems und Brenzinger & Co. abgeschlossen
und am 30. März in der Albertstraße mit den Arbeiten begonnen,62 wodurch die bereits
seit Jahren darauf drängenden Kliniken endlich im Jahr 1883 einen Kanalanschluss erhielten.
Aus Begeisterung über den endlich errungenen hygienischen Fortschritt ließ die Klinikleitung
sogar eine eigene Broschüre mit der Beschreibung der neuen „Wassercloset-Einrichtungen"
drucken.63 Abgeführt wurden die Abwässer des nördlichen Baugebietes über einen Kanal entlang
der Hauptbahnlinie, welcher sich beim „Rossgässle" (heute Karlsruherstraße) schließlich
in den nördlichen Arm des Gewerbekanals („Untere Runz") ergoss, der wiederum zwischen der
Breisachbahnlinie und dem Mooswald verrieselt wurde.
Trotz aller hygienischen Vorzüge fand das Kanalisationsprojekt jedoch nach wie vor nicht
nur Zustimmung. Als 1882 die Moltkestraße kanalisiert werden sollte, verwahrten sich auch
die dortigen Hausbesitzer gegen die damit verbundenen Kosten: Ueberhaupt hat die betreffende
Kanalisation für uns keinen Zweck und wir bitten den Wohllöblichen Stadtrath uns bei wirklich
schlechter Zeit vor unnöthigen Kosten zu bewahren.64 Es wurden nämlich die Hausbesitzer zur
Übernahme von 2/3 der Kosten für das unterirdische Kanalrohr herangezogen, welche in diesem
Falle bei einem Rohrdurchmesser von 45 cm pro Frontmeter des Hauses 11 Mark betrugen,65
dazu kamen die Kosten für den, wenn auch vorerst nicht obligatorischen, Hausanschluss. Die
Stadtverwaltung dagegen wies auf die langfristigen Vorteile für die Hausbesitzer hin: Häuser in
trockenen Straßen, mit entwässerten Höfen und nicht durchsumpftem Untergrund haben einen
höheren Werth als solche, denen ein oder mehrere dieser Vorzüge mangeln.66 Nach Ermäßigung
des Beitrags auf 8 Mark gab es keine Einwände mehr.67
Die Gesamtkosten für die Herstellung eines 1,00 Meter breiten und 3,30 Meter tiefen Grabens
sowie die Verlegung des 327 Meter langen Kanalrohrs in der Moltkestraße wurden auf insgesamt
7.500 Mark veranschlagt.68 Letzlich betrugen die Gesamtkosten lediglich 6.000 Mark, wodurch
Vgl. Freiburger Zeitung vom 20.5.1881, Nr. 117.
Arnold Bürgli-Ziegler hatte die Kanalisierung Zürichs ab dem Jahr 1867 geleitet, vgl. Walter Baumann:
Arnold Bürkli 1833-1894. Aufbruch in eine neue Zeit, Meilen 1994, S. 33-35.
Vgl. Krebs (wie Anm. 30), S. 61.
Beschreibung der Wassercloset-Einrichtungen und Canalisations-Anlagen im Klinischen Hospital zu
Freiburg i. B., Freiburg 1883.
An Stadtrat, ca. April 1882, StadtAF, Cl Polizeisachen 10 Nr. 25.
Bekanntmachung des Stadtraths, die Kanalisation der Moltkestraße betreffend, 4.4.1882, StadtAF, Cl
Polizeisachen 10 Nr. 25.
Vorlage des Stadtraths an den Bürgerausschuß über den Beizug der Hausbesitzer des nördlichen
Stadttheils zu den Kosten der Kanalisation, März 1883, S. 4.
Vorlage des Stadtraths an den Bürgerausschuß betreffend des Beizug der Angrenzer zu den Anlagekosten
[...] der Canalisation im südwestlichen Stadttheile, 25.8.1882, S. [75], StadtAF, Cl Polizeisachen 10 Nr.
26.
Vgl. Kostenvoranschlag vom 9.10.1881, StadtAF, Cl Polizeisachen 10 Nr. 14.
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