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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2014/0129
Sehr viel schwieriger ist Joseph Ludolph Wohlebs Lebenslauf im „Dritten Reich" zu beurteilen
, der verantwortliche Geschäftsführer des Vereins und jüngerer Bruder des späteren ersten
badischen Ministerpräsidenten Leo Wohleb. Joseph L. Wohleb war seit 1930 Hauptlehrer an
der Hansjakob-Schule in Freiburg und als Mitglied der DNVP dem konservativ-bürgerlichen
Lager zuzurechnen. In der NS-Zeit gehörte er dem NSV und dem NS-Lehrerbund an, übte
aber kein Amt aus und war auch kein Parteimitglied.102 Selbst der NSDAP gelang es nicht, ein
einheitliches Urteil über ihn zu fällen. Einerseits wurde er als politisch zuverlässig eingestuft,
da er regelmäßig an Schulungs- und Kameradschaftsabenden sowie an Versammlungen und
Kundgebungen der Partei teilnahm, andererseits galt Wohleb als unpolitischer Mensch, für den
die Partei nicht zu existieren schien und der der Judenfrage ablehnend gegenüberstand. So lautet
das Gesamturteil 1943: In charakterlicher und politischer Hinsicht bestehen keine Bedenken.103
Wohleb war Bezieher von NS-Presse, was aber angesichts seiner Aufgabe als verantwortlicher
Geschäftsführer des BVS nicht ungewöhnlich ist. Seine wichtigste Bezugsperson war damals
Karl Siegfried Bader, mit dem zusammen er ein gut funktionierendes Netzwerk knüpfte, worauf
später noch näher eingegangen wird. Bader bezeichnete Joseph L. Wohleb als einen historischen
Positivisten, der versuchte die historischen Quellen möglichst getreu wiederzugeben und von
einem wahren Feuereifer besessen war.104

Karl Siegfried Bader, ab 1936 zweiter Vorsitzender des BVS, besaß eine bewegte Biografie.
Einer breiten Öffentlichkeit wurde er vor allem in der Nachkriegszeit als unnachgiebiger
Generalstaatsanwalt Südbadens bekannt.105 Seine Beamtenlaufbahn verlief zunächst geradlinig,
bevor er 1933 als Assessor und Hilfsstaatsanwalt aus dem Staatsdienst entlassen wurde; Grund
war seine Heirat mit der Wiener Jüdin Grete Weiß.106 Er galt damit als „jüdisch versippt" und war
für die neuen Machthaber im Staatsdienst nicht mehr tragbar. Bader besaß anfangs keine eindeutige
Haltung zum Nationalsozialismus und versuchte, diesem eine gute Sache abzugewinnen™1
was seinen Beitritt in die NSDAP im Mai 1933108 erklärt. Er gehörte damit zum Heer der
„Märzgefallenen", die versuchten, die Gunst der Stunde beim Wahlsieg der Partei zu nutzen
und der NSDAP beitraten, um die eigene Karriere zu beschleunigen.109 Seine Entlassung und die

Vgl. StAF, D 180/2, Nr. 3610, Fragebogen, 5.7.1945.

Die Gutachten wurden für seine fördernde Mitgliedschaft in der Oberrheinischen Historischen Kommission
sowie seine Teilnahme an der im September 193 8 in Basel und Freiburg stattfindenden Tagung des Verbandes
der deutschen Vereine für Volkskunde angefertigt. Vgl. ebd., Fragebogen zur politischen Beurteilung,
30.12.1943; vgl. ebd., Fragebogen zur politischen Beurteilung, 11.8.1938.

Karl Siegfried Bader: Über das Geschichtsbewußtsein Leo Wohlebs, in: Karl S. Bader, Schriften zur
Landesgeschichte, hg. von Helmut Maurer (Ausgewählte Schriften zur Rechts- und Landesgeschichte 3),
Sigmaringen 1983, S. 716-722, hier S. 717.

Er konfrontierte die Hauptverantwortlichen der „Euthanasie" als einer der Wenigen mit der vollen Härte des
Gesetzes, als diese andernorts bereits milder verfolgt wurden. Vgl. StadtAF, Bl/389a, S. 71f.
Die Heirat mit Grete Weiß bezeichnete er als ganz Lustig, aber eben keine richtige Ehe. Grete Weiß wurde
1941 deportiert. Vgl. Karl Siegfried Bader, Erinnerungen an Donaueschingen, hg. von Helmut Maurer,
in: Schriften des Vereins für Geschichte und Naturgeschichte der Baar 49 (2006), S. 84-135, hier S. 110. Zu
Bader als Anwalt vgl. Angela Borgstedt: Karl Siegfried Baders Anwaltstätigkeit in der NS-Diktatur, in:
Schau-ins-Land 128 (2009), S. 171-182.
StadtAF, B1/389a, S. 50.

Laut Angaben in der Zentralkartei hatte er die Mitgliedsnummer 3145247. Für März 1934 findet sich
der Hinweis auf seinen Austritt, bei dem es sich wahrscheinlich um einen Ausschluss handelte. Vgl.
Bundesarchiv Berlin, NS-Zentralkartei, 31XX-A0045.

Vgl. Kurt Hochstuhl: Leo Wohleb. Pädagoge und Politiker, Leinfelden-Echterdingen 2009, S. 34.

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