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Front zurückgemeldet,36 wurde Mengele - vom Kommandeur seines Pionierbataillons und vom
Divisionsarzt unterstützt - am 13. Oktober 1942 zur Beförderung zum SS-Hauptsturmführer
vorgeschlagen, dem ein halbes Jahr später, am 20. April 1943, auch entsprochen wurde. Mengele
, so hieß es im Beförderungsvorschlag, sei ein besonders tüchtiger Truppenarzt und hätte
mit der vollen Erfüllung seiner Dienststellung als Truppenarzt des SS-E-Batl. 5 die Voraussetzungen
zu dieser Beförderung erfüllt.37 Und noch weitere Auszeichnungen „verdiente" sich der
SS-Truppenarzt während des Russlandfeldzugs: zum einen die für alle Betroffenen ab August
1942 obligatorische „Medaille Winterschlacht im Osten 1941/42" und schließlich das Eiserne
Kreuz erster Klasse (EK I), das ihm für seinen Einsatz in Rostow/Bataisk (Juli 1942) ebenfalls
im Jahr 1942 verliehen wurde.38 Die Auszeichnungen trug Mengele später auch als Lagerarzt
von Auschwitz-Birkenau an seiner Uniform, obschon ihm das besagte EK I bei einem Motorradunfall
(!) im Lagerbereich im Juni 1943 verloren gehen sollte.39 Vermutlich nach einer neuerlichen
Verwundung wurde Mengele am 14. Februar 1943 zum SS-Infanterie-Ersatz-Bataillon
„Ost" nach Berlin versetzt, was für seine weitere „Verwendung" folgenreich sein sollte.40 Denn
zu dieser Zeit arbeitete auch sein Frankfurter Mentor und Vorgesetzter Verschuer in Berlin. Er
hatte dort bereits am 1. Oktober 1942 die Nachfolge des Freiburger Anthropologie-Professors
Eugen Fischer (1874-1967), des langjährigen Direktors des Kaiser-Wilhelm-Instituts (KWI) für
Anthropologie, menschliche Erblehre und Eugenik (1927-1942), angetreten und scharte nun
am KWI seine ehemaligen Frankfurter Assistenten um sich - Heinrich Schade, Hans Grebe,
später Fromme und Mengele.41 Der Rassenhygieniker Eugen Fischer, einer der entschiedensten
Verfechter der NS-Rassenideologie, hatte sich als Emeritus 1942 ins Altenteil nach Freiburg
zurückgezogen, blieb aber über die Vorgänge am Berliner KWI bestens informiert: Verschuer
schrieb ihm am 25. Januar 1943: Vor wenigen Tagen ist mein Assistent Mengele in 2
Tagen von Salsk im Flugzeug nach Deutschland gekommen. Er hat bei der SS-Division , Wiking
' die ganzen Kämpfe mitgemacht, ist mit dem EK I ausgezeichnet und zunächst zu einer
Dienststelle hier nach Berlin versetzt, so daß er daneben am Institut etwas tätig sein kann.42
Vgl. den Feldpostbrief von der Front vom 2.9.1942 im Anhang (Brief 4); vgl. ebd. Abb. 6, die wenig später
aufgenommene und rückseitig auf Oktober 1942 datierte Fotografie aus der Sammlung Hermann G. Abmayr.
Zit. nach Trunk (wie Anm. 28), S. 13, Bundesarchiv Berlin, SSOA, Bl. 412. Beförderungsvorschlag und
Beiblatt zum Beförderungsvorschlag, 13.10.1942. Zum Nachweis der Beförderung zum SS-Hauptsturmfüh-
rer der Reserve vgl. auch SS-Verordnungsblatt vom 20.04.1943: Unter Reserveführer. Mengele, Dr. Josef/
SS-Nr. 317885 / SS-Sanitätsamt.
Mengele soll zwei verwundete Soldaten unter Feindbeschuss aus einem brennenden Panzer gerettet haben
; so Irene Mengeies Erinnerungen zufolge in Posner/Ware (wie Anm. 31), S. 36.
Kommandanturbefehl Nr. 26/43, Auschwitz: Dr. Mengele hat bei seinem Motorradunfall im Lagerbereich
sein EK I verloren. Der ehrliche Finder wird gebeten, dasselbe bei der Kommandantur abzugeben. In:
Darstellungen und Quellen zur Geschichte von Auschwitz, Bd. 1: Standort- und Kommandanturbefehle des
Konzentrationslagers Auschwitz 1940-1945, hg. im Auftrag des Instituts für Zeitgeschichte von Norbert
Frei u.a., München 2000, S. 297.
Versetzungsbefehl lt. SSOA zit. nach Keller (wie Anm. 8), S. 25. Lt. SS-Verordnungsblatt vom 20.04.1943
war Mengeies Dienststelle zu diesem Zeitpunkt bereits das SS-Sanitätsamt Berlin, das für sämtliche medizinischen
Belange der Waffen-SS und damit auch für die SS-Lagerärzte in den Konzentrationslagern
zuständig war (vgl. Anm. 37).
Vgl. Müller-Hill (wie Anm. 26), S. 112f. Zum KWI unter Eugen Fischer und Verschuer grundlegend:
Hans-Walter Schmuhl: Grenzüberschreitungen. Das Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie,
menschliche Erblehre und Eugenik, 1927-1945, Göttingen 2005.
Universitätsarchiv Münster, Nachlass Verschuer; zit. nach Niels C. Lösch: Rasse als Konstrukt. Leben
und Werk Eugen Fischers, Frankfurt 1997, S. 406.
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