Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2014/0197
Wer sich kundig machen will zur Geschichte des Archivs und zum Werden des Berufs der Archivare,
wird das Buch mit Gewinn lesen. Empfohlen sei es auch denen, die erstmals im Archiv zu arbeiten haben;
die Lektüre kann helfen, Umwege und unnütze Kosten zu vermeiden. Norbert Ohler.

Habsburger Herrschaft vor Ort - weltweit (1300-1600). Beiträge einer Tagung auf Schloss Lenzburg bei
Zürich, 9. bis 11. Oktober 2008, hg. von Jeanette Rauschert, Simon Teuscher und Thomas Zotz, Jan
Thorbecke Verlag, Ostfildern 2013, 282 S., Abb.

Die 14 Beiträge des Buches widmen sich der Frage, wie Herrschaft im weitgespannten Habsburgerreich auf
lokaler Ebene funktionierte. Dabei wollte man nicht in der bekannten lokalen Perspektive bleiben, sondern
man verband die lokalgeschichtliche mit der globalgeschichtlichen Perspektive. Diese Verbindung zwischen
mikrohistorischem Zugang und makrohistorischem Aspekt bot sich an, weil sich das Habsburgerreich unter
ständigen Verschiebungen und Veränderungen von einem regionalen Gebilde zu einem Kontinente umspannenden
Imperium ausgeweitet hatte. Beide Ansätze wurden bisher getrennt verfolgt und hatten wichtige
neue Anstöße geliefert, doch eine Verbindung hatte in der Forschung kaum stattgefunden. Weiterhin
hoffte man, durch Vergleiche neue Einblicke in die Funktionsweise des Habsburgerreichs zu bekommen.
Der behandelte Zeitraum umfasst das späte Mittelalter bis zum Ende des 16. Jahrhunderts. Die gewählten
Beispiele stammen aus den Vorlanden, Österreich, den Niederlanden, Spanien und dem amerikanischen
Kolonialbesitz (Neuspanien/Andenregion/Mexiko). Obwohl man die Zahl der Beiträge nicht beliebig vermehren
konnte, vermisst man doch einen Beitrag, der den osteuropäischen Raum (Ungarn/Balkan) behandelt
hätte. Eine Untersuchung, wie sich die habsburgische Herrschaft unter den Bedingungen des bedrohten
Grenzraums konkretisieren konnte, hätte sicher eine interessante Ergänzung geliefert.

In der Einleitung nehmen die Herausgeber Simon Teuscher und Thomas Zotz (S. 1-17) eine für den
Leser hilfreiche begriffliche Präzisierung und inhaltliche Strukturierung vor. Dabei werden drei leitende
Aspekte vorgestellt: die Frage nach dem Transfer von Herrschaftstechniken in andere Gebiete, das Problem
von Zentrum und Peripherie und das Verhältnis zwischen Herrschaft und lokalen Akteuren vor Ort. Der
anschließende Überblick von Thomas Zotz (S. 19-33) befasst sich mit der geschichtlichen Entwicklung des
Habsburgerreiches unter dem zentralen Aspekt von Zentrum und Peripherie.

Der erste Teil der Beiträge widmet sich dem Herzogtum Österreich, Tirol und den Vorlanden. Christian
Lackner (S. 35-48) arbeitet die Bedeutung von Pfandschaften, Ämterkauf und Ämterpacht in Innerösterreich
als wichtige Herrschaftsinstrumente im 14. und 15. Jahrhundert heraus. Angesichts des wenig entwickelten
Kreditmarkts und des hohen Geldbedarfs des Fürsten waren sie einerseits eine absolute Notwendigkeit,
andererseits hatten sie aber nicht nur, wie die neuere Forschung gern betonte, herrschaftsstabilisierende
und integrierende Funktion, sondern bargen auch die Gefahr der Entfremdung von Herrschaft. Je nach
Situation unterlagen hier die Herzöge Sachzwängen, die ihre Herrschaft vor Ort eingrenzten. Während
die herrschaftliche Durchdringung in Vorarlberg, wie Alois Niederstätter zeigt (S. 77-88), aufgrund günstiger
Voraussetzungen relativ reibungslos gelang, stellte sich die Lage in der Grafschaft Tirol, die die
Habsburger 1363 durch schnellen Zugriff erwerben konnten, anders dar. Klaus Brandstätter (S. 49-76)
hebt hervor, wie die Herzöge, gestützt auf die Gerichte, in schweren Kämpfen den selbstbewussten Adel
domestizieren mussten. Um Herrschaft im weiteren Rahmen durchzusetzen, legten vor allem die Herzöge
Friedrich IV und Sigismund ihren Schwerpunkt auf die Kirchenpolitik. Neben dem Bistum Brixen war
vor allem das große und verkehrspolitisch wichtige Bistum Trient ein bevorzugtes Ziel der aggressiven
habsburgischen Kirchenpolitik. Dagegen konnte die habsburgische Kirchenpolitik in den Vorlanden im
14. Jahrhundert wenige Erfolge vorweisen, wie Andreas Biehrer (S. 109-135) an vier Beispielen (Pfarre
Windisch, Bischöfe von Konstanz, Stift Beromünster, Kloster Königsfelden) nachweist. Anhand überzeugender
Quellen legte er dar, dass das Kloster Königsfelden zwar ein wichtiger Memorialort der Familie gewesen
sei, doch als Zentrum habsburgischer Macht zur Zeit von Königin Agnes werde es weit überschätzt.
Ebenso zurückhaltend beurteilt Brigitte Kurmann-Schwarz am Beispiel Königsfelden (S. 137-148) die
politische Wirksamkeit kultureller Repräsentation. Die alltägliche Herrschaftspraxis vor Ort war gekennzeichnet
durch Delegation an die Vögte. Simon Teuscher (S. 89-108) zeigt, dass die Bezeichnung „böse tyrannische
Vögte" als literarisches Topos benutzt wurde, aber nicht der Verwaltungsrealität entsprach. Diese

195


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2014/0197