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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2014/0198
war gekennzeichnet durch enge Kooperation der Vögte mit den lokalen Eliten. Martina Stercken untersucht
dann Formen herrschaftlicher Präsenz in den Städten (S. 149-168). Der habsburgische Herrschaftsbereich
in der Schweiz war durch eine große Zahl von kleinen Städten geprägt, die eine wichtige Herrschaftsbasis
für die Habsburger darstellten. Man vermisst jedoch die beiden „Freiburgs", das breisgauische und das
üchtländische. Die beiden Landstädte überragten mit ihren Einwohnerzahlen von ca. 5.000 bis 6.000 die
kleinen Landstädte erheblich, und sie waren die einzigen großen Städte in den Vorlanden. Ihnen kam auch
politisch ein deutlich größeres Gewicht zu, denn gerade sie konnten immer wieder, ähnlich wie die niederländischen
Städte, den habsburgischen Herrschaftsansprüchen trotzen und erhebliche Freiräume behaupten
. Wie aus den Quellen zu sehen ist, war die persönliche Präsenz des Herrschers in den Städten wichtig,
aber seine Abwesenheit ab dem Ende des 14. Jahrhunderts stellte zunehmend den Normalfall dar. Präsenz
wurde aber auch durch Vertreter - Landvögte, Pfandherren, Lehensträger, Schultheißen, Einrichtung einer
Verwaltung vor Ort - ausgeübt. Stercken betont neben der personalen Präsenz die Bedeutung der transpersonalen
Präsenz, z.B. durch Herrschaftszeichen (Objekte, Artefakte, Stadthäuser, feste Sitze als markante
architektonische Elemente, Privilegien, Siegelverleihungen).

Ein bedeutender Einschnitt bedeutete dann die burgundische Erbschaft 1477. Das Haus Habsburg war
von einem regionalen Fürstenhaus zum großen europäischen Akteur geworden. Der Erwerb einer reichen,
hoch entwickelten und selbstbewussten Region wie die niederländischen Städte sollte die habsburgische
Herrschaft vor neue, schwer lösbare Probleme stellen, wie das markante Zitat Wim Blockmans (S. 170)
verdeutlicht: „Der Erwerb der Niederlande bedeutete für die Habsburger die erste Herausforderung, eine
Vielzahl dicht besiedelter und reicher Territorien zu beherrschen - weit von ihrer Hausmacht entfernt und
von ganz anderen Traditionen geprägt." Jelle Haemers (S. 187-209) zeigt am Beispiel des Genter Aufstands
1488, dass Maximilian erhebliche Schwierigkeiten hatte, mit der neuen Situation zurecht zu kommen, und
er stieß durch sein unbedachtes und forderndes Auftreten schnell auf Widerstand. Die rigorose fiskalische
Abschöpfung („faire son prouffit") und die Nichtbeachtung städtischer Rechte führten zu einer Front rebellischer
Städte, die die habsburgische Herrschaft in eine Krisensituation brachte. Wim Blockmans (S.
169-186) vertieft in seinem Beitrag diese Problematik für den Zeitraum 1477 bis 1581. Die Kontrolle über
die neu erworbenen Gebiete zu behalten und deren reiche Ressourcen für die eigene Großmachtpolitik
zu nutzen, erwies sich auch in den folgenden Jahren als ein grundlegendes Problem und führte letztendlich
zum Scheitern Philipps II. und zur Loslösung der Nordprovinzen. Sogar in Spanien sahen sich die
habsburgischen Herrscher Städten mit starkem Selbstbewusstsein gegenüber. Teofilo F. Ruiz (S. 211-225)
beschreibt in seiner Untersuchung der Einzüge Philipps II. in spanische Städte, wie diese sich mit einem
subtilen Zeremoniell gegen königliche Ansprüche abgrenzten.

Die letzten drei Beiträge haben schließlich die habsburgische Herrschaft in der neuen Welt zum
Thema. Alejandro Caneque (S. 227-241) legt dar, wie die Schaffung des spanischen Kolonialreiches ein
langer und qualvoller Prozess war, da die spanischen Herrschaftsstrukturen nur schwer übertragbar waren.
So schränkten in Neuspanien/Mexiko im 17. Jahrhundert ständige Machtkonflikte zwischen kirchlichen
und staatlichen Autoritäten, den Bischöfen und den Vizekönigen, die Macht der Krone empfindlich ein.
Heraclio Bonilla ergänzt dieses Bild mit einem Überblick über die gesamte Kolonialgesellschaft (S. 243-
253). Dauerhafte Differenzen zwischen dem neu aufgebauten spanischen Verwaltungssystem und der bestehenden
kolonialen Gesellschaft (Konquistadoren, Kolonialisten und Kolonialisierten) prägten das Bild.
Vor allem die beiden ersten Gruppen erlangten zunehmend Einfluss und Führungspositionen auf lokaler
Ebene. Als Abschluss des Tagungsbands stellt Felix Hinz (S. 255-271) einen interessanten Sonderfall
vor. Im mexikanischen Hochland hatten sich eingeborene Kleinfürstentümer in der Region Tlaxcala einer
„Selbsthispanisierung" unterzogen. Sie hatten bei der Eroberung Mexikos auf der Seite der Spanier gegen
die Azteken gekämpft und freiwillig spanische Herrschaftsstrukturen übernommen, in der Hoffnung, neben
den spanischen Eroberern Herrschaft ausüben zu können. In den ersten zwei Jahrzehnten (1530 bis
1550) waren sie damit durchaus erfolgreich gewesen. Doch nach der Festigung der spanischen Herrschaft
erfolgte dann die Gleichschaltung durch lokale spanische Machtträger.

Der Tagungsband führt eindrucksvoll vor, welch vielfaltige Formen habsburgische Herrschaft weltweit
annehmen konnte (und musste!). Dabei traten aber weniger Gemeinsamkeiten hervor als eine breite
Verschiedenheit. Bemerkenswert ist jedoch die Bedeutung fiskal- und finanzpolitischer Aspekte, die in

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