http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2014/0219
Wehrpflicht vom 24. bzw. 25. August 1942 (beide ins Französische übersetzt). Eine Tabelle erklärt den
Bevölkerungsrückgang von über 150.000 Personen in den ersten Kriegsjahren und unterscheidet zwischen
Ausgewiesenen durch deutsche Polizeimaßnahmen und den in Frankreich verbliebenen Evakuierten. Über
130.000 Personen kehrten angesichts der politischen Veränderung in ihrer Heimat nicht zurück, darunter
25.000 Juden. Die Zahl der in der Ära Wagner aktiv ausgewiesenen Juden wird mit knapp 2.000 angegeben,
die der ausgewiesenen frankophilen Elsässer mit fast 9.000.
Als Jean-Laurent Vonau sein Buch im März 2014 in Freiburg vorstellte, vermissten die Teilnehmer
Hinweise auf die Deportation der badischen und pfälzischen Juden im Spätjahr 1940 ins französische
Lager Gurs. Vonau führte dazu aus, dass der Tatbestand Gurs im Wagner-Prozess, der sich ganz auf dessen
Rolle als C.d.Z. im Elsass konzentrierte, nicht angesprochen wurde. Zur Aufarbeitung der französischen
Quellen zu diesem Bereich sei es noch ein weiter Weg. Dem Vorschlag, Vonaus Werk ins Deutsche zu übersetzen
, steht ein Hindernis entgegen: Alle deutschsprachigen Quellen müssten erneut eingesehen werden,
um sie im Wortlaut zitieren zu können. Da Vonau des Deutschen mächtig ist, besteht die Möglichkeit, dass
er selbst eine deutsche Version verfasst, falls ihm die Arbeit am angekündigten Folgeband die Zeit dazu
lässt. Dessen Thema sind die Prozesse über die Vorgänge in den Lagern Schirmeck und Struthof.
Renate Liessem-Breinlinger
Christian Würtz: Die Priesterausbildung während des Dritten Reichs in der Erzdiözese Freiburg
(Forschungen zur oberrheinischen Landesgeschichte 57), Verlag Karl Alber, Freiburg/München 2013, 519
S., S/W Abb.
„Es widerspricht dem bevölkerungspolitischen Zweck der Ausbildungsbeihilfe, das Studium für einen
Beruf zu fordern, der Ehelosigkeit verlangt" (S. 273). Mit diesen Worten präzisierte die Oberfinanzdirektion
Karlsruhe 1944 einen Erlass des Reichsfinanzministeriums von 1938. Christian Würtz unterstreicht mit
diesem Zitat eine der gezielten Maßnahmen von Staat und Partei gegen die Priesterausbildung während des
Dritten Reiches: die Benachteiligung bei der Befreiung von Studiengebühren und die Nichtberücksichtigung
bei der Vergabe von Beihilfen. Gemäß der genannten Zielsetzung schuf die NS-Regierung Anreize, um
Theologen von ihrer Berufsentscheidung abzubringen. Belastend, diskriminierend und verunsichernd
wirkten verbale Angriffe gegen Mitglieder der Fakultät, verletzend die Beleidigungen der Alumnen
(Theologiestudenten mit dem Ziel Priester zu werden, Priesteramtskandidaten) durch Mitglieder des NS-
Studentenbundes oder der Hitlerjugend oder böswillige, teils verleumderische Pressekampagnen; eine
Beeinträchtigung der wissenschaftlichen Arbeit bestand in Stellenstreichungen; bedrohlich waren die Pläne
des Reichs-Erziehungsministeriums, die theologische Fakultät an der staatlichen Universität aufzuheben.
Auch bei der Wehrmacht wurden die Alumnen benachteiligt, indem ihnen der Aufstieg zum Offizier verwehrt
wurde, es sei denn sie hätten bindend erklärt, nicht mehr zum Theologiestudium zurückzukehren.
Würtz kann belegen, dass der Anteil der zum Kriegsdienst Eingezogenen unter den Theologen höher war
als an den übrigen Fakultäten der Universität Freiburg. Er zitiert dazu aus einem Brief von Erzbischof
Conrad Gröber an Papst Pius XII. vom Sommer 1942: „Von meinen 340 Theologen am Anfang des Krieges
stehen alle bis auf einen einzigen unter den Waffen" (S. 417). Als tröstliche Botschaft fügt er an, dass diese
unerschütterlich zum Priesterberuf stehen, was ihre Briefe aus den Kriegsgebieten erkennen ließen. Pius
XII. mag von der großen Zahl der eingezogenen Alumnen überrascht gewesen sein; dass ihre Freistellung
vom Wehrdienst, die das Reichskonkordat von 1933 vorsah, nur im Frieden galt, wusste er so gut wie
Gröber, da beide an der Erstellung des Vertragswerks beteiligt waren.
Die feindseligen Akte der NS-Regierung gegen die katholische Kirche hatten trotz des Reichskonkordats
und des ebenfalls 1933 geschlossenen badischen Konkordats bald nach der Machtübernahme der
Nationalsozialisten eingesetzt, denn hier trafen zwei konträre Weltanschauungen aufeinander, die beiderseits
weitgehende Ansprüche an ihre „Gefolgschaft" stellten. Überraschend entgegenkommend verhielt
sich die NS-Kultusverwaltung allerdings bei der Zulassung von Theologiestudenten 1933/34, großzügig
vor dem Hintergrund, dass sofort nach der Machtübernahme drastische Zugangsbeschränkungen zu den
Hochschulen in Kraft traten und nicht mehr jedes bestandene Abitur den Hochschulreife-Vermerk erhielt.
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