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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2014/0220
Gestützt auf Akten des Generallandesarchivs Karlsruhe und des Archivs des Priesterseminars Collegium
Borromaeum fasst Würtz zusammen: „Konkret bedeuteten die dargestellten Maßnahmen für das Erzbistum
Freiburg, dass für das Jahr 1934 der gesamte 99 (101) Studenten umfassende Kurs an der Universität immatrikuliert
werden konnte, nämlich neben den 32 Studenten, die eine Zugangsberechtigung erhalten hatten,
und 23 Abiturienten, die schon vor 1934 die Reifeprüfung abgelegt hatten, 46 weitere Studenten, die nach
den ursprünglichen gesetzlichen Vorgaben keine Hochschulzugangsberechtigung hatten" (S. 216).

Das Ausmaß der Unvereinbarkeit der beiden Ideologien sei von kirchlicher Seite anfangs unterschätzt
worden angesichts der vermeintlichen Rechtssicherheit durch die Konkordate und der Entschlossenheit
der Partei, den Kommunismus und Bolschewismus zu bekämpfen und die Folgen des Versailler Vertrags
zu mildern. Das traf auch auf die Alumnen zu, die „sich hier auf die Haltung des Erzbischofs Gröber
berufen konnten" (S. 400). Als einen, der um die rechte Antwort auf die Herausforderungen der „neuen
Zeit" rang, führt Würtz Max Müller (1906-1994) an. Geprägt von Romano Guardini und der liturgischen
Bewegung und engagiert im Bund Neudeutschland (ND), der einen Ausgleich zwischen den neuen
Inhabern der staatliche Macht und der katholischen Kirche für möglich hielt, setzte er sich als Mitglied
der „Arbeitsgemeinschaft Katholischer Deutscher" für dieses Ziel ein (S. 113). Müller lehrte während
des Krieges Philosophie im Konvikt Collegium Borromäum und war nach dem Krieg Ordinarius an der
Universität Freiburg, ab 1960 in München.

In der Einleitung skizziert Würtz den geschichtlichen Rahmen und füllt ihn mit den Eckdaten
der Diözesangeschichte der Zwischenkriegszeit. Er verweist auf die günstige Wirkung der Weimarer
Verfassung; von hinderlichen Relikten aus der Kulturkampfzeit befreit, habe das katholische Leben eine
Blütezeit erlebt. Bei diesem Stichwort erwähnt er kurz den politischen Katholizismus und erinnert daran,
dass die Zentrumspartei im badischen Landtag mit 36 % Stimmenanteil und mehr jeweils die stärkste
Kraft war. Er formuliert allerdings etwas irreführend, als ob die Katholiken geschlossen Zentrum gewählt
hätten, und lässt die Konkurrenz durch die beiden liberalen bürgerlichen Parteien und die traditionellen
Spannungen zum liberalen Lager unerwähnt.

Im ersten Hauptteil stellt er auf etwa 140 Seiten die dreigliedrige Struktur der Priesterausbildung der
193Oer-Jahre in der Erzdiözese Freiburg vor: das Theologenkonvikt Collegium Borromaeum (CB) in der
Schoferstraße im Schatten des Münsters und in der Nachbarschaft des Erzbischöflichen Ordinariats, die
Katholische Fakultät an der Universität Freiburg mit langer Geschichte bis in die Gründungszeit im 15.
Jahrhundert und das Priesterseminar in St. Peter in den Räumen des ehemaligen Benediktinerklosters.
Im Konvikt wohnten die Alumnen in der Regel während ihrer Studienzeit; in Jahrgangskurse eingeteilt
wurden sie spirituell und bezüglich des Studienfortgangs betreut. Für jede dieser drei Einrichtungen nennt
er die Funktionsträger. Am Konvikt waren es: Repetitoren, Spirituale, Beichtväter und der Direktor, an
der Fakultät Professoren und Dozenten, in St. Peter Seminarprofessoren; die Leitung hatte der Regens,
dem ein Subregens zur Seite stand. Würtz geht auf ihre Aufgaben und die Lehrinhalte ein und fügt
Kurzbiograflen, oft auch eine Fotografie an. Jeden dieser drei Themenblöcke schließt er mit einem Kapitel
„Atmosphärisches" ab, wofür er neben Literatur und Archivalien auch Aussagen von Zeitzeugen heranzieht
: Das CB hatten die Alumnen von damals als streng oder zu streng in Erinnerung, fühlten sich als
angehende „Weltpriester" zu sehr behütet und von der Außenwelt abgeschottet. An der Uni fühlten sie sich
als Akademiker ernst genommen, vermissten aber bei den Vorlesungen die „neuen Themen und Gedanken,
die sie aus der Jugendbewegung mitbrachten" (S. 174). In St. Peter schätzten sie die Atmosphäre des
Barockbaus, empfanden Teile der Hausordnung jedoch als kleinlich und hätten gern auf die obligatorischen
gemeinsamen Spaziergänge verzichtet.

Würtz wertete eine Überfülle an Material aus und lässt den Leser an der Vielfalt teilhaben. Er untersuchte
die soziale und regionale Herkunft der Theologiestudenten und erstellte hierzu übersichtliche
Tabellen. Mehrheitlich kamen die Bewerber für den Priesterberuf aus kinderreichen Familien vom Land,
das nordbadische „Madonnenländle" war ein regionaler Schwerpunkt. Viele hatten eines der erzbischöflichen
Knabenkonvikte in Tauberbischofsheim, Konstanz oder Rastatt besucht. Der Autor schreibt ein
eindrückliches hochgenaues Stück Freiburger Stadtgeschichte im Zusammenhang mit dem verheerenden
Luftangriff auf Freiburg am 27. November 1944, wo auch das CB und die Konviktskirche betroffen waren.

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