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Mehr noch: Wie der Wiener Publizist Georg Markus im Rahmen seiner Monografie über
Katharina Schratt zeigen konnte,46 lassen sich eine ganze Reihe von Indizien und Argumenten
ins Feld führen, die darauf hindeuten, dass die Beziehung zwischen der ehemaligen Hofschauspielerin
und dem österreichisch-ungarischen Herrscher zu einem momentan noch nicht präzise
bestimmbaren Zeitpunkt - wohl nach dem Ablauf des Trauerjahres nach dem Tod des Gatten
Katharina Schratts47 - in der Andreaskapelle des Wiener Erzbischöflichen Palais in der Schließung
einer sogenannten „Gewissensehe" („matrimonium conscientiae") gipfelte, die naturgemäß
der Geheimhaltung unterlag.48 Der aus heutiger Sicht geradezu gigantische finanzielle Aufwand
, den Kaiser Franz Joseph betrieb, um den laufenden Unterhalt seiner „Seelenfreundin",
die sich nicht nur an den Spieltischen Monte Carlos alles andere als zurückhaltend gebärdete,
zu sichern, steht in krassem Gegensatz zur exzessiven Sparsamkeit des Gündlinger Vorfahren,
der sich nur wenige Generationen zuvor aus bescheidenen Verhältnissen heraus ein stattliches
Vermögen erarbeitet hatte (Abb. 3a und b).49
Hierzu siehe die Argumentation bei Markus (wie Anm. 34), S. 15-26, dazu die Abb. nach S. 96.
Die bereits 1880 erfolgte Trennung Katharina Schratts von Nikolaus Kiss von Ittebe führte, wie bereits
bemerkt wurde, zu keiner Ehescheidung. Katharinas Gatte erlag am 21.5.1909 einem Herzschlag. Siehe
wieder Markus (wie Anm. 34), S. 24. Hierzu siehe den Abdruck des Kondolenzschreibens Franz Josephs
in der Briefedition: Fast jede Nacht träume ich von Ihnen (wie Anm. 34), S. 517 (21.5.1909).
Kritisch hierzu äußert sich Brigitte Hamann in einer Anmerkung zu Franz Josephs Brief an Katharina
Schratt vom 24.5.1909, der die Beerdigung Nikolaus Kiss von Ittebes auf dem Hietzinger Friedhof (13.
Wiener Gemeindebezirk) betrifft. Siehe wieder: Fast jede Nacht träume ich von Ihnen (wie Anm. 34), S.
517f., hier S. 518, Anm. 1. Das Fehlen beweiskräftiger Quellen für eine Eheschließung zwischen Katharina
Schratt und Kaiser Franz Joseph I. betont neuerdings wieder Patocka (wie Anm. 31), S. 520.
Zum Gesamtumfang und zur Gesamthöhe der Zuwendungen, die der Kaiser seiner Vertrauten angedei-
hen ließ, liegen - auch rund ein Dreivierteljahrhundert nach dem Ableben Katharina Schratts - keine
exakten Zahlen vor. Vandenberg (wie Anm. 35), S. 411, verweist auf vorsichtige Schätzungen, die von
umgerechnet 25 Millionen Euro ausgehen, wobei der Verfasser allerdings einräumt, dass der tatsächliche
Aufwand wesentlich höher gewesen sein könnte. Als größten Posten führt der Autor eine Abfindung
vom November 1911 ins Feld, die 2,5 Millionen Kronen umfasste, was aktuell etwa 15 Millionen Euro
entspricht. Anders die Historikerin und Buchautorin Katrin Unterreiner, die im Rahmen eines Interviews
mit der Zeitschrift „Focus" (Autor: Markus Bauer) explizit auf eine schriftliche Verfügung hinweist,
der zu entnehmen sei, dass Katharina Schratt beim Tode des Kaisers ein Vermögen von über zwei Millionen
Kronen zugestanden wurde, was umgerechnet etwa 11 Millionen Euro entspräche, www.focus.
de/wissen/mensch/geschichte/tid-21336/die-habsburger-neue-pikante-details-ueber-kaiser-franz-jo-
seph-i-_aid_599861.html [Stand: 13.1.2014]. Gemäß ebd. scheint das besagte Dokument jahrzehntelang
unentdeckt im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv, einer Abteilung des Österreichischen Staatsarchivs,
geschlummert zu haben, bis die Autorin von Archivdirektor Thomas Just einen entsprechenden Hinweis
erhielt, der zur Wiederauffindung der Verfügung führte. Das besagte „Focus"-Interview erfolgte
anlässlich des Erscheinens des Buches von Katrin Unterreiner: Die Habsburger (wie Anm. 35), das
auf das Thema Finanzen zwar detaillierter zu sprechen kommt (S. 96-99), nun aber die Summe von 2,5
Millionen Kronen nennt und den aktuellen Wert dieses Betrages mit 11 Millionen Euro angibt (S. 99).
Eine schriftliche Anfrage beim Österreichischen Staatsarchiv Wien, Abteilung Haus-, Hof- und Staatsarchiv
, führte zu dem Ergebnis, dass die besagten Unterlagen ebd. im Nachlass Schager-Eckartsau, Karton
2, lagern (briefliche Auskunft von Archivdirektor Thomas Just vom 14.1.2014). Es handelt sich hierbei
überwiegend um eine ganze Reihe schriftlicher Verfügungen Kaiser Franz Josephs, die mit Datum vom
2.3.1889 (Budapest) einsetzen und mit Datum vom 19.11.1911 (Schönbrunn) enden. Die Budapester Verfügung
führt die Summe von 500.000 Gulden auf, die nach dem Ableben des Kaisers Katharina Schratt
zu übergeben sei, während in der Schönbrunner Anweisung von insgesamt 2,1 Millionen Kronen die
Rede ist, die der Begünstigten „schon jetzt auszufolgen" sei. Weitere Verfügungen seitens des Kaisers,
die zeitlich in die besagte Periode einzuordnen sind, betreffen sodann u.a. eine Erhöhung des Kapitals
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