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Der aus dem Freiwilligen-Bataillon hervorgehenden Einwohnerwehr unter der Führung von
Major Maximilian Knecht (1874-1954)6 gehörte Selber schon nicht mehr an. Am 1. Oktober
1919 trat er als Schutzmann in den Freiburger Polizeidienst ein und stieg zum Wachtmeister
auf. Damit trat er in das Beamtenverhältnis ohne etatmäßige Anstellung ein. Dreieinhalb Jahre
später, am 1. März 1923, wurde er von der Freiburger Kriminalpolizei als Kriminalassistent
übernommen. Aus dieser Position heraus heiratete er am 22. Mai 1924 Elisabeth Rink, die am
15. Februar 1901 als Tochter des Kupferschmiedemeisters Josef Rink (1869-1932) und seiner
Frau Emma geborene Lang (1875-1943) in Freiburg geboren worden war (Abb. 2). Wie er selbst,
stammte somit auch seine Frau aus einem handwerklichen Milieu. Am 14. Mai 1931 kam ihre
einzige Tochter Ingeburg in Gengenbach zur Welt (Abb. 3). Zu dieser Zeit, nämlich seit 1927,
war Eugen Selber zur Fahndungsabteilung in Offenburg, ab März 1933 in Freiburg versetzt worden
. Damit war eine Beförderung zum Polizei- bzw. Kriminalsekretär verbunden. 1935 folgte
die Versetzung in die Abteilung TV, die für politische Fälle zuständig war. Zum 1. April 1937
wurde diese Abteilung, und mit ihr Eugen Selber, in die Geheime Staatspolizei, die Gestapo,
überführt. Seine vorgesetzte Behörde war nun die Staatspolizei in Karlsruhe. Daraufhin beantragte
er am 23. Mai 1937 seine Aufnahme in die NSDAP, die rückwirkend zum 1. Mai erfolgte.
Er erhielt die Mitgliedsnummer 4588470. Parallel dazu wurde er auch mit der Nummer 308045
in die SS aufgenommen. Seine ursprünglich katholische Religion war nun in gottgläubig umgeändert
worden. Dies dürfte er selbst beantragt haben, wohl um die Erwartungen der NS-Organe
zu erfüllen. Die SS-Führerpersonalakte vermerkt zusätzlich, dass er das bronzene SA-Sportabzeichen
und den Julleuchter erworben hatte sowie am 9. November 1938 dem Sicherheitsdienst
(SD) und dem Reichssicherheitshauptamt (RSHA) zugeteilt wurde. 1942 wurde er zum
Kriminalobersekretär befördert. Von 1942 bis 1945 gehörte er noch der Nationalsozialistischen
Volkswohlfahrt (NSV) an.7
Über Eugen Selbers Tätigkeit in der badischen Kriminalpolizei sind keine näheren Einzelheiten
bekannt. Später führte er an, 1924 sei ihm wegen Erfassung eines Mörders die ganz
besondere Anerkennung durch das Bad. Bezirksamt Freiburg ausgesprochen worden.8 Seine
frühere Personalakte ist vermutlich mit vielen anderen Beständen der Gestapo verbrannt. Erhalten
hat sich lediglich eine Namensliste von Gestapo-Angehörigen samt dem Nachweis von Ge-
Haumann (wie Anm. 4), S. 274-276. Zu Knecht vgl. Heiko Wegmann: Maximilian Knecht (1874-1954) -
Vom Kolonialoffizier zum Freiburger Kommunalpolitiker und SS-Standartenführer, in: Schau-ins-Land
128 (2009), S. 123-143.
Bundesarchiv Berlin, NSDAP-Gaukartei, NSDAP-Zentralkartei, SS-Führerpersonalakte (SSO) (ehemals
Berlin Document Center). Außerdem wieder: StAF, F 30/1 Nr. 1956. In seinem dort enthaltenen Meldebogen
vom 19.8.1951 verneinte es Selber, Parteiauszeichnungen (Parteiorden) erhalten zu haben. Wenn
aber in seiner SS-Akte ausdrücklich unter den Orden und Abzeichen der Julleuchter angekreuzt wurde,
ist anzunehmen, dass dieser mit germanischen Symbolen verzierte Kerzenhalter aus Ton nicht einfach
nur für feierliche Anlässe - namentlich die Wintersonnenwende - angeschafft, sondern als Auszeichnung
verliehen worden war. Vgl. Enzyklopädie des Nationalsozialismus, hg. von Wolfgang Benz u. a.,
München31998, S. 538. - Selber hat in seinem Entnazifizierungsverfahren (vgl. Anm. 13) erklärt, das
Landespolizeiamt habe den Eintritt in die NSDAP verlangt und das RSHA eine Weisung erteilt, dass
Gestapobeamte in die SS überführt werden sollten. Selbers Kollege Hugo Schäfer (1893-?) trat allerdings
zwar der NSDAP bei, nicht aber der SS und blieb auch Mitglied der katholischen Kirche. Im Entnazifizierungsverfahren
wurde er als „Entlasteter" eingestuft (Hinweis von Heiko Wegmann, 6.10.2015). Die
Geschichte der Freiburger Gestapo-Dienststelle muss noch erforscht werden, ebenso die Tätigkeit der
übrigen dort beschäftigten Beamten. Möglicherweise könnte dann auch noch mehr über Eugen Selber
ausgesagt werden.
StAF, F 30/1 Nr. 1956, Schreiben Selbers an das Badische Ministerium des Innern, 25.11.1949.
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