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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2015/0130
er als Amtsverteidiger vor Militärgerichten tätig.57 Engen Kontakt hielt er dabei zu dem bereits
erwähnten Oberstaatsanwalt am Amtsgericht Freiburg, Eugen Weiß (Abb. 7). Dessen Wirken
würde eine ausführliche Würdigung verdienen. Seine Haltung kann durchaus als konservativ
bezeichnet werden, und in manchen Fällen vertrat er äußerst strenge Urteile. Andererseits
sorgte er beispielsweise 1937 dafür, dass ein wegen „Rassenschande" verurteilter Jude nach
Verbüßung der Strafe nicht wie üblich in ein KZ überführt wurde, sondern in die Schweiz
ausreisen konnte. In mehreren Devisenstrafverfahren setzte er sich für die Verdächtigten ein.
1940 beschuldigte er die Ehefrau des Oberbürgermeisters, Lore Kerber (1903-1981), Lebensmittel
über die ihr aufgrund der Lebensmittelkarten zustehenden Mengen hinaus bezogen zu
haben. Das Verfahren wurde dann auf höhere Weisung ohne öffentliche Gerichtsverhandlung
mit einer geringen Geldstrafe abgewickelt. Auch in anderen Fällen ermittelte er gegen Mitglieder
der NSDAP und scheute dabei nicht den Konflikt mit Parteidienststellen oder sogar mit
Gauleiter und Reichsstatthalter Robert Wagner (1895-1946), der deshalb seine Beförderung zum
Landgerichtspräsidenten verhinderte. Yacher Landwirte, die an Fronleichnam 1941 päpstliche
Fahnen gehisst hatten, bewahrte er vor einer Verurteilung wegen Vergehens gegen das Flaggengesetz
, den dortigen Pfarrer vor einer Bestrafung wegen Aufforderung zum Ungehorsam.
Einen Unternehmer, der 1942 wegen Schmuggels vor dem Sondergericht Freiburg eines Verbrechens
gegen die Kriegswirtschafts-Verordnung angeklagt war, entließ er aufgrund dessen
Gesundheitszustandes aus der Untersuchungshaft und sorgte für ein mildes Urteil. 1943 wurde
eine Freiburgerin wegen Abhörens von Feindsendern verhaftet und vom Sondergericht Freiburg
zu einem Jahr Zuchthaus verurteilt. Weiß hatte diese verhältnismäßig geringe Strafe bewirkt
und erreichte es ein Jahr später sogar unter Mithilfe Selbers, dass die Beschuldigte begnadigt
und entlassen wurde. 1944 wendete Weiß die Todesstrafe für einen elsässischen „Deserteur" ab
und begnadigte Anfang 1945 gegen den Einspruch der Straßburger Gestapo dessen Mutter, die
ebenfalls bestraft werden sollte. Vielfach gelang es ihm, vor dem Sondergericht oder ordentlichen
Gerichten eine nur kleine Strafe zu erwirken oder eine Schutzhaft, die KZ bedeutet hätte,
zu verhindern. Manchmal musste er sich allerdings Weisungen höherer Stellen beugen.58 1949

Zu Bader vgl. Angela Borgstedt: Karl Siegfried Baders Anwaltstätigkeit in der NS-Diktatur, in:
Schau-ins-Land 128 (2009), S. 171-182 (zur Verbindung mit Gertrud Luckner S. 178-180 und 182, zu
einem möglichen Hinweis auf Selber S. 180); Darleff Jahnke: Eine Volksgemeinschaft im Kleinen. Der
Breisgau-Geschichtsverein „Schau-ins-Land" in der Zeit des Nationalsozialismus, in: Schau-ins-Land
133 (2014), S. 109-148, hier 127f. (auch zur Zusammenarbeit mit Gertrud Luckner); Haumann (wie Anm.
19), S. 328. 1933/34 war Bader kurzzeitig Mitglied der NSDAP, erkannte aber rasch den Charakter dieser
Partei. Dazu trug bei, dass er wegen seiner Heirat mit Grete Weiß, einer Wiener Protestantin jüdischer
Herkunft, als „jüdisch versippt" galt und aus dem Staatsdienst entlassen wurde. Seine Frau kehrte nach
Wien zurück, 1936 ließ sich das Ehepaar scheiden. Obwohl die Ehe schon zuvor gescheitert war, wollte
Bader keine frühere Scheidung, um nicht den Anschein zu erwecken, er vollziehe diesen Schritt aus
Nützlichkeitsgründen (Jahnke, s.o., S. 128, Anm. 111). 1941 wurde Grete Weiß deportiert (ebd., S. 127,
Anm. 106). Zu seinen Netzwerken im geschichtswissenschaftlichen Bereich ebd., S. 138-141. Zu einer
Verteidigung 1937, möglicherweise in Verbindung mit Oberstaatsanwalt Weiß, siehe Heiko Haumann: ...
dass er einem Juden auf diese Weise Vorschub leistete. Erwin Stengler und Max Bloch - die Geschichte
einer Dienstpflichtverletzung im „Dritten Reich", in: Schau-ins-Land 122 (2003), S. 239-253, hier S. 243.
StAF, C 20/5 Nr. 378 und 379 (Personalakten Eugen Weiß), A 47/1 Nr. 67 (Verfahren gegen den Yacher
Pfarrer Oskar Stoffel); Geschichte der Stadt Freiburg (wie Anm. 1), 328, 332, 344 und 356 (Zitat im Fall
von Frau Kerber); Ulrich Tromm: Zwei Brüder, zwei Fluchten. Vor 71 Jahren: Ein Weiler Fluchtversuch
endet vor einem NS-Sondergericht mit einem ausnahmsweise milden Urteil, in: BZ (Ausgabe Weil am
Rhein), 18.2.2015; weitere Hinweise Tromms an mich (auch zu dem erwähnten Unternehmer, vgl. StAF,
G 701/2 Nr. 1124); Haumann (wie Anm. 57), S. 243. Zur Verurteilung und Begnadigung 1943 siehe auch

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