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Christian Stadelmaier: Zwischen Gebet und Pflug. Das Grangienwesen des Zisterzienserklosters Tennenbach
(Forschungen zur oberrheinischen Landesgeschichte LVIII), Verlag Karl Alber, Freiburg/München
2014, 311 S., Tabellen.
Um 1160 bei Emmendingen gegründet, besaß Tennenbach nach Ausweis seines von 1317 bis 1341 angelegten
Güterbuchs 14 Grangien oder Wirtschaftshöfe. Da Güterbeschreibungen eher vom Soll fälliger
Abgaben und Dienste künden als von wirklichen Leistungen und Verweigerungen, wertet Stadelmaier
/ahlreiche weitere Quellen aus dem südwestdeutschen Raum aus. Unter Einbeziehung von Forschungsergebnissen
der Mittelalterarchäologie und der Archäobotanik fragt er nach naturräumlichen Gegebenheiten
, Agrartechnik und Bodennutzungssystemen; er erörtert das Neben- und Nacheinander von Drei- und
Zweifelder-, Brand- und Reutwirtschaft.
Tennenbach war vor allem im Altsiedelland tätig und hat kaum roden lassen. Die Grangien oft
vier- bis fünfmal so groß wie Fronhöfe anderer Grundherren - betrieben Getreidebau (vor allem Roggen),
Viehwirtschaft, Gartenbau (Gemüse und Gewürzpflanzen), Waldwirtschaft, Fischerei sowie den Anbau
von Reben, Öl- und Faserpflanzen. Diskutiert werden der Einsatz von Zugpferden (mehr und früher
als gemeinhin angenommen) und Wechselbeziehungen der Wirtschaftsbereiche. So war Vieh auch als
Produzent von Dünger für wertvolle Reben gefragt; die für Fischerei, Mühlen und bewässerte Wiesen
Zuständigen mussten ihren Wasserbedarf untereinander abstimmen.
Ausführlich geht der Autor auf Spannungen im Wirken der Zisterzienser ein. In dem Maße, wie sie
sich auf die Belieferung städtischer Märkte einstellten, missachteten sie Normen, unter denen sie als
Reformer im Orden Benedikts angetreten waren. Zu den Mitteln kostengünstiger Produktion gehörte das
Bauernlegen (nachweisbar bei immerhin fünf Höfen; S. 237). Als es an Mönchen fehlte, wurden Konversen
in Dienst gestellt, dann auch Lohnarbeiter und schließlich Pächter. Mit dem Pochen auf Privilegien
haben die Mönche ihr Verhältnis zu Bauern und anderen Grundherren belastet.
Eine weitere Leitfrage gilt Agrarinnovationen. In der betrachteten Zeit und im untersuchten Raum
mühten die Zisterzienser sich weniger um die Einführung bahnbrechender Neuerungen als um die Optimierung
von Vorhandenem und den Ausbau von bereits Bekanntem; beides hat zum Aufstieg Europas
beigetragen. Zu untersuchen bleibt die Bedeutung der Märkte als Nachfrager sowie der Austausch von
Fachkenntnissen und Fachmännern auf den Generalkapiteln des Ordens.
Erläuterungen zur Terminologie (wür; S. 197), zu Maßen, zur Bedeutung des Wegerechts (es konnte
auch auf winzigen Pfaden gelten) und Zusammenfassungen erleichtern die Lektüre. Leider fehlen Abbildungen
sowie Kartenskizzen, vor allem zu Langenbogen, der größten Grangie (S. 150-161). Das Register
erschließt den reichen Inhalt, lässt Elz, Grenze, Grenzstein und Zehnt aber ebenso unerwähnt wie Garten
und Wald, obwohl diese zu den meisten Grangien gehörten.
Die überarbeitete Fassung der von der Universität Gießen angenommenen Dissertation ist klar gegliedert
, verständlich geschrieben und sorgfältig lektoriert. Dank der umsichtigen Einordnung des Themas
in regionale und thematische Zusammenhänge gewinnt die Studie an Aussagekraft weit über Tennenbach
hinaus. Norbert Ohler
Stolpersteine in Lahr. Ein Geschichtsprojekt mit Schülerinnen und Schülern der Klasse 10a der Friedrichschule
in Lahr, Schuljahr 2013/2014, hg. vom Historischen Verein für Mittelbaden, Regionalgruppe
Geroldsecker Land, Verlag Regionalkultur, Ubstadt-Weiher 2015, 96 S., S/W-Abb.
Der hier zu besprechende schmale Band (96 S.), herausgegeben von der Regionalgruppe Geroldsecker
Land des Historischen Vereins für Mittelbaden, versammelt Ergebnisse eines Geschichtsprojekts einer
10. Klasse der Friedrichschule in Lahr aus dem Schuljahr 2013/2014. Das primäre Ziel lag darin, einer
breiten Leserschaft eine Publikation an die Hand zu geben, in der die Opferbiografien aller auf Stolpersteinen
verewigten Personen der Stadt Lahr wiedergegeben werden.
Die Lerngruppe, von der eine Mehrzahl der Schülerinnen und Schüler über einen Migrationshintergrund
verfügt (S. 5), nennt im Vorwort als zentrale Gründe ihrer regionalgeschichtlichen Auseinandersetzung
mit dem Nationalsozialismus Fassungslosigkeit (S. 5) und Unverständnis für die Verbrechen in
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