http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2016/0089
Ende 1752 bewarb Joseph Kränckel sich um die Meister- und Bürgerrechte der Freien Reichsstadt
Augsburg, einem in Flor und Ruhm aller Künsten bekannten Ort. Die Meisterrechte will
er dispensando erhalten, wohl wissend, dass er die üblichen Bedingungen nicht erfüllen konnte.
Allerdings war er der Meinung, dass seine zusätzlichen Kenntnisse in Geometrie, Arithmetik
und Visieren nützlich sein könnten. Außerdem könne er mathematische und geographische Instrumente
herstellen, sei in der Lage, Erd- und Himmelsgloben, Kompasse, Vertikal-Sonnenuhren
und Magnete zu verfertigen. Er habe ergiebiges Vermögen, könne daher die obrigkeitlichen
Lasten pünktlich zahlen. Schließlich bot er an, eine Probe seiner Kunst an den Tag zu legen: Er
wolle für die gewöhnliche Ratsstube eine in- wie auswendig künstlich und stattlich ausgezierte
lange Perpendicul-Uhr anfertigen, die nur alle 4 Jahre aufgezogen werden darf die Stunden,
Minuten, Monatstage, Tierkreiszeichen mit der gehenden Sonne sowie die Planeten und Mondphasen
anzeigt.9 Dies alles auf seine Kosten. Zusätzlich legte er ein Zeugnis von Ellingen seiner
Bewerbung bei, in dem bezeugt wird, dass er nicht in Unehren aus Ellingen fortgeschickt wurde
und daher allerorten unbedenklich aufzunehmen sei. Außerdem sei er in seiner Kunst ausbündig
wohlerfahren und werde daher sein Vorhaben in Augsburg wohl erreichen. Unterschrieben
ist das Zeugnis von Johann Roth von Schreckenstein, Ordensritter zu Ellingen. Bemerkenswert
ist der Satz, Kränckel sei „nicht malefizisch eingelegen".
Die Augsburger Meister reagierten auf Kränckels Gesuche gereizt. Seine Schreiben seien
mit vielem Eigenlob angefüllt. Sie ordneten ihn unter die supplicierenden Plagegeister ein und
waren der Meinung, Kränckel sei bereits abgewiesen worden. Sie bezweifelten auch, dass Kränckel
, wie er angab, Ellingen verlassen wollte, weil es ein kleiner und geringer Ort sei und nur
wenig Kundschaft vorhanden wäre.10 Als unvergleichlicher Künstler hätte er in den bedeutenden
Städten, wo er sich eine geraume Zeit aufgehalten habe, längst sein Glück finden können.
Stattdessen habe er sich in Ellingen niedergelassen und diesen Ort sicherlich nicht verlassen,
wenn man ihm nicht das Consilium abeundi gegeben hätte. Er habe also Ellingen nicht freiwillig
verlassen und sei gewisser Ursachen halber in Verhaft gewesen}1
Was in Ellingen tatsächlich geschehen ist, konnte bisher nicht aufgedeckt werden. Fest steht,
dass Kränckels Schwiegervater Johann Walz, scriniarius (Hausmeister), gemeinsam mit dem
Preumeister, eine Schmähschrift verfasst hatte. Der Braumeister erhielt daraufhin eine Haftstrafe
in Würzburg, Walz wurde an den Pranger gestellt. Kränckel, der sich aus Liebe zu seinem
Schwiegervater wohl zu stark für ihn eingesetzt hatte, wurde in Haft genommen. Anschließend
musste er innerhalb von zweimal 24 Stunden Ellingen verlassen und durfte die Gebiete des
Deutschen Ordens nicht mehr betreten. Dennoch bestätigte der Landkomtur von Eyb am 2. Juni
1753 erneut, dass Kränckel nicht criminaliter eingesessen sei; er sei nicht infam oder unehrlich
hinweggekommen, es sei ihm aber aus bewegenden Ursachen das Consilium abeundi gegeben
und der Schutz aufgekündigt worden. Ein erneutes Schreiben der Augsburger Meister an Baron
von Eyb verlangt Auskunft über diese „Ursachen". Die Antwort erfolgt kurz und knapp am 8.
August 1753 durch Roth von Schreckenstein: Man könnte hierüber ausführlich berichten, aber
über weiteres Kund werden zu lassen verbiete billiger Anstand.12
Wesentlich für die Ablehnung Kränckels durch die Augsburger Meister war seine Heirat.
Die Ordnung der Kleinuhrmacher besage in Artikel 2, daß die Meisterstück allhier ledigen
Standes sollten gemacht werden. Wer dagegen verstößt, dem sollen die Stück abgeschafft sein
und nichts gelten. Auch sei keinem der hiesigen Bürgerssöhne, wenn er schon verheiratet sei,
Stadtarchiv Augsburg (StadtAA), Kleinuhrmacher, Schreiben Kränckels an den Rat vom 27. April 1753.
Ebd., Bewerbungsschreiben Kränckels an den Senat vom 9. Dezember 1752.
Ebd., Kleinuhrmacher an Handwerksgericht vom 23. Mai 1753.
Ebd., Schreiben von Roth von Schreckenstein vom 8. August 1753.
89
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2016/0089