http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2016/0128
Abb. 1 Schiff Straße 9 in Freiburg (zweites Gebäude rechts), Sitz
der Breisgau Loge von 1900 bis 1904, Aufnahme um 1940
(StadtAF, M 7010).
Der Orden befand sich somit in einem Spannungsfeld: Zum einen wollte er das nationale
Empfinden und den Patriotismus seiner Mitglieder stärken, zum anderen jedoch auch explizit
das jüdische Selbstbewusstsein und die jüdische Identität stärken. Aus Sicht des Ordens stellte
dies keine unvereinbare Aufgabe dar, da solch eine Stärkung keineswegs eine loyale Auffassung
gegenüber dem deutschen Staat und der deutschen Kultur ausschloss. Für eine Untersuchung
der Breisgau Loge ist daher der Begriff „Akkulturation" geeigneter, der im Gegensatz zum
Begriff der „Assimilation" offener ist. Während die Assimilation auf eine völlige Aufgabe des
Jüdischen abzielt und mit einem Verlust der jüdischen Tradition, Werte und Religion verbunden
ist, geht Akkulturation von der Akzeptanz vieler Gebräuche und kultureller Muster der Mehr-
heitsgesellschaft aus, die sich jedoch, bewusst oder unbewusst, dazu verpflichtet, den Erhalt
ethnischer und religiöser Unterscheidung aufrecht zu erhalten.4 Während somit die Assimilation
als ein Prozess zu definieren ist, an dessen Ende die Verschmelzung der jüdischen Minderheit
mit der deutschen Mehrheitsgesellschaft unter Aufgabe aller Unterscheidungsmerkmale stand,
Marion Kaplan: Tradition and Transtition. The Acculturation, Assimilation and the Integration of Jews
in Imperial Germany. A Gender Analysis, in: Leo Baeck Institute Yearbook 27 (1982), S. 3-35, hier S. 5.
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