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neu errichteten Gebäude wiesen einen typischen Grundriss auf mit drei unterschiedlich großen
Räumen je Geschoss („Freiburger Haus").
Auch das „Ratsstüble"-Areal veränderte sich entsprechend: In der Lücke zwischen den
beiden älteren Steinbauten wurde 1247 ein Neubau errichtet (Nr. 4). Das Untergeschoss mit
gewölbtem Vorkeller und Treppenhaus zum Hof sowie großem, zweigeschossigen Tiefkeller
zur Straße entspricht dem Freiburger Drei-Raum-Schema. Vermutlich waren Erd- und Ober-
geschoss ebenso unterteilt. Der Südgiebel des Hauses blieb bis 2016 erhalten. Das Haus hatte
demnach nur ein Obergeschoss, aber ein hohes Satteldach und eine beachtliche Grundfläche
von ca. 6,3 x 14 m, die es bis ins 21. Jahrhundert beibehielt. In die Höhe wuchs es dagegen erst
über 500 Jahre später: 1771 wurden die Fassaden erneuert, die Balkenlagen verstärkt und ein
zweites Obergeschoss samt neuem Dachwerk errichtet. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts baute
man das erste Dachgeschoss zu einem Vollgeschoss (= drittes Obergeschoss) aus.
Auch die beiden älteren Steinhäuser wurden im 13. Jahrhundert vergrößert. Das südliche
(Nr. 6) hat man nach 1247 zu einem dreistöckigen Haus erweitert - sein Werdegang wird unten
genauer beschrieben.
Das nördliche Haus (Nr. 2) wurde 1293 abgetieft und hofseitig erweitert (Abb. 5). Es entstand
ein zweigeschossiges Haus mit Tiefkeller und gewölbtem Vorkeller zum Hof. Gewölbe
und Innenmauern wurden zwar später abgebrochen, aber die Balkenlagen und vor allem ein
Teil des Dachwerks aus dem Jahr 1293 samt Giebelmauer blieben bis zum jetzigen Abbruch
erhalten.
Damit standen am Ende des 13. Jahrhunderts drei typische Freiburger Steinhäuser an der
Universitätsstraße (Abb. 4). Sie blieben trotz Aufstockung und Modernisierungen der Fassaden
und Innenräume im Kern bis 2016 erhalten. Über die Bauherren können wir nur spekulieren;
erst zwei Jahrhunderte später werden Handwerker als Eigentümer genannt.
Bauentwicklung des Hauses „Zum langen Spieß" (Universitätsstr. 6)
Die komplexe und jahrhundertelange Um- und Ausbaugeschichte lässt sich gut am Anwesen
„Zum langen Spieß" nachvollziehen (Universitätsstr. 6). Dort stand, wie oben beschrieben, ein
Steinhaus des 12. Jahrhunderts. Um 1247 wurde das Grundstück geteilt, eine Parzellenmauer
errichtet und das Nachbarhaus „Zum kleinen Strahl" (Nr. 4) erbaut. In der zweiten Hälfte des
13. Jahrhunderts wurde dann das ältere Steinhaus (Nr. 6) in den Hofbereich hinein erweitert und
zu einem dreigeschossigen Haus mit Satteldach aufgestockt. Das Haus hatte nun eine Grundfläche
von 5 x 12 m. Gleichzeitig wurde der straßenseitige Keller zu einem Tief keller abgegraben
. Zur Erschließung des Kellers diente auch hier ein gewölbter Vorkeller, der sich mit einem
Rundbogen in ganzer Breite und Höhe zum Hof öffnete. Im westlichen Teil der Parzelle wurde
ein Hinterhaus errichtet, das mit einem überwölbten, im lichten 4,5 x 6 m messenden Keller
ausgestattet war. Das Nebengebäude überlagerte eine ältere Latrine, deren unterer Teil auch
nach dem Neubau weiter genutzt wurde (Abb. 3, Befund und Abb. 8). Die nun nur noch 2 m
tiefe Latrine erweiterte sich zur Basis hin von einem Durchmesser von 0,7 m auf 1,8 m. Die Beschickung
vom Erdgeschoss erfolgte durch eine ausgemauerte Röhre. Das nicht mehr erhaltene
Zwischenstück durch den Keller war möglicherweise aus Holz gefertigt. Den Aushub der Keller
planierte man im Hof ein und verlegte darauf ein Pflaster aus etwa faustgroßen Gerollen - damit
folgte man der Straßenaufschüttung. Die Weiternutzung einer Latrine unter einem neu erbauten
und sogar unterkellerten Hinterhaus ist ungewöhnlich und wahrscheinlich bedingt durch eine
separate Vermietung des Gebäudes. Ansonsten finden wir in dem Anwesen die traditionelle
Grundstücksaufteilung: Vorderhaus, Hof mit seitlichem Laubengang zu einer weiteren Sicker-
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