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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2017/0038
später den Geist aufgab. Die Umstehenden, die wohl wußten, daß den Heimgesuchten
keine menschliche Hilfe retten konnte, riefen ihm beim erste Niesen mitleidig zu:
Helf Dir Gott! Das ist jener letzte, fromme Wunsch, indem der ganze Jammer der
verzweifelten Lage des Verlorenen zum Ausdruck kam. Schon Tage lang wütete die
unheimliche Seuche und verschonte weder Mann noch Weib, weder Kind noch Greis.
Der zehnte Teil der Bevölkerung war bereits von ihr weggerafft; keine Familie blieb
ohne Leid, ganze Häuser waren ausgestorben, die Toten konnten nicht mehr alle bestattet
werden und verbreiteten einen unausstehlichen Pestgeruch durch Straßen und
Gassen. Bei den Ueberlebenden steigerten sich seelischer Schmerz und wahnsinnige
Angst bis zur Verzweiflung, da keiner wußte, zu welcher Minute er an die Reihe kam.
In dieser furchtbaren Not und Seelenqual beschloß die Gemeinde, eine öffentliche
Bittprozession zu veranstalten, und Gott in seiner Barmherzigkeit um Schonung und
um Abwendung des Uebels zu bitten. Alles, was noch gehen konnte, ob reich oder
arm, strömte dem Gotteshause zu. Viele stürzten unterwegs nieder und blieben tot
liegen. Heißere, flehentlichere Gebete sind nie über menschliche Lippen geflossen als
bei diesem Bittgange: Ein gewaltiger Schrei aus tausend Kehlen drang zu den Wolken
empor: Kyrie eleison! Herr erbarme Dich unser! Christe eleison! Christe erbarme
Dich unser! Propitius esto! Sei uns gnädig! Parce nobis, Domine! Verschone uns, o
Herr! Während die Prozession so in Andacht dahinschritt, hörte plötzlich die Pest
auf. Oberhalb des Windbruchtores und des ehemaligen Aufstieges zum Münster blieb
sie stehen und erreichte ihr Ende. Als Zeichen des Himmels, daß Gott das Flehen
des Volkes erhört und die gräßliche Plage hinweggenommen hat, erschien plötzlich
auf dem Absatz einen Giebels des dort stehenden Hauses ein heiliges Haupt nebst
einer erhobenen Hand. Eine unbeschreibliche, im ersten Augenblick selbst unfaßbare
Erleichterung und Beruhigung senkte sich in die vor Weh und Furcht zitternden
Herzen des Volkes. Alles atmete hoch auf! Alles erwachte zu neuem Leben! Man fiel
sich in die Arme, man küßte sich im Rausch der Freude. Der Bittgang wurde jetzt
zur Dankprozession und in tausendstimmigem Frohlocken scholl es gen Himmel:
Te deum laudamus! Großer Gott, wir loben Dich! Te Dominum confitemur! Dich, o
Herr, preisen wir! An der Stelle, wo die Pest aufhörte, ließ der Magistrat ein Kreuz in
das Straßenpflaster einsetzen zum Memento für die späteren Geschlechter. Es wird
auch erzählt, die Plage hätte in dem Augenblick aufgehört, als die Prozession bei jenem
Punkte ankam."

Die Straße, die auf den Rathausplatz führt, und die Bebauung in deren oberen Teil ist noch
nicht so alt, wie es die Sage erscheinen lassen will. Das Kreuz ist aber im Pflaster zu sehen, während
das „Heilige Haupt" seit dem Neubau des „Hotel am Münster" fehlt. Hintergrund für die
in der Sage dargestellte Erscheinung des „Heiligen Hauptes" mag sein, dass hier die Erinnerung
an die mögliche Zerstörung einer Apostelfigur bis auf Kopf und Hand bei der Beschießung
Breisachs durch die Franzosen 1793 eingeflossen ist.

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