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heißt: Per te sacra virgo liberet nos incolas kiechlinpergenses iesus christus a fulgure tonitru
tempestate peste et hello?2
Endingen
Seit 1331 können Juden in Endingen nachgewiesen werden. Sie standen als sogenannte
Kammerknechte des Kaisers unter seinem Schutz, den die Herren von Osenberg an seiner Stelle
ausübten. Wie sich Endingen in den Pestjahren 1348 und 1349 an der Judenverfolgung beteiligte
, ist nicht überliefert. Ob die Juden getötet wurden oder ob sie aus der Stadt vertrieben wurden,
kann nicht eindeutig gesagt werden.33
Zum Niedergang der Stadt Endingen mögen ein Stadtbrand, aber auch der „Schwarze
Tod" Mitte des Jahrhunderts beigetragen haben. Bis zum Ende des 15. Jahrhunderts steigt die
Einwohnerzahl wieder. Laut Herdstättenverzeichnis von 1475 zählte die Gemeinde jetzt 150
Haushalte mit ungefähr 800 bis 900 Personen. Bis zum Jahre 1617 wuchs die Bevölkerungszahl
auf 1.500 an. Im Dreißigjährigen Krieg verlor die Stadt über zwei Drittel, sodass im Jahr 1651
gerade einmal noch 410 Einwohner belegt sind. Wie an den meisten anderen Orten lässt sich
auch in Endingen nicht eindeutig ausmachen, was die Ursache für den Rückgang war: Krieg,
Flucht, Hunger oder Pest.34
Zwar können keine historischen Ereignisse das Auftreten der Pest in Endingen beweisen,
doch mag die Frömmigkeitsgeschichte einen Anhaltspunkt geben. Seit dem 15. Jahrhundert
existierte in Endingen eine Sebastiansbruderschaft. Bekanntermaßen wurde eine solche
Bruderschaft meist dann gegründet, wenn eine Pest bevorstand oder wenn sie glücklich überstanden
war. Vielleicht war dies auch in Endingen der Grund. 1783 wurde die Bruderschaft
aufgehoben.35
An den Spruch auf der Betzeitglocke in der St. Martinskirche sei ebenfalls hingewiesen:
Wer diese Glocke beschowe, Den schirme unsre liebe Frouwe. Diese Glocke läutete bereits den
Toten der Pestjahre von 1348 bis 1350 und ist die älteste in Deutschland mit einem deutschen
Spruch.36
Ein weitere Verbindung zur Pest liefert auch in Endingen die Kunst: In der Peterskirche gibt
es den Sebastiansaltar, dessen Altargemälde von Johann Pfunner (um 1716-1788) um 1780 gemalt
wurde. Das Bild zeigt den Märtyrer, der als Pestheiliger gilt, nachdem er von Pfeilen durchbohrt
, bewusstlos an den Stricken hängt. Die fromme Römerin Irene und ihre Magd bemühen
sich, die Pfeile aus dem Leib zu ziehen. Darüber hinaus findet man einen weiteren Pestheiligen
in der Peterskirche, der aber in Endingen nicht als solcher zu erkennen ist, weil er dort als
Konrad M. Müller: „a peste libera nos"- Die Glocken als Hilfe gegen die Pest, in: Freiburger Diö-
zesan-Archiv 133 (2013), S. 337-364.
Anneliese Müller: Kirche und kirchliche Einrichtungen in Endingen, in: Endingen (wie Anm. 28), S.
329-361, hier S. 356; Longerich (wie Anm. 3).
Jürgen Treffeisen: Endingen im Mittelalter, in: Endingen (wie Anm. 28), S. 32-81, hier S. 69; Dieter
Speck: Endingen als vorderösterreichische Stadt, in: Endingen (wie Anm. 28), S. 95-144, hier S. 127.
Müller (wie Anm. 32), S. 339; Bernhard Oeschger: Struktur und Funktion jahreszeitlicher Brauchphänomene
in Endingen am Kaiserstuhl, Frankfurt 1981; Ders.: Aus dem festlichen Kirchenjahr, in: Endingen
(wie Anm. 28), S. 371-376, hier S. 37.
Franz Hirtler: Endingen am Kaiserstuhl. Bilder aus seiner Vergangenheit, in: Badische Heimat 16
(1929), S. 209-218, hier S. 214f.
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