http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2017/0096
Wentzinger hat das Haus fast vollständig neu bauen und auf das Münster hin ausrichten
lassen. Insbesondere die Fassade des Hauses, wie sie heute erhalten ist, geht auf ihn zurück. Er
lebte dort bis zu seinem Tod 1797. Im 19. Jahrhundert erbaute man das an die Schusterstraße
angrenzende Hinterhaus, das heute ein gut erhaltenes zweistöckiges Wohn- und Geschäftshaus
an der Ecke zur Buttergasse ist. Im Rahmen der Verkaufsverhandlungen 1905 wird betont,
dass das Vorderhaus für öffentliche Zwecke besonders geeignet und das Hintergebäude an der
Schusterstraße ein wertvolles gewerbliches Haus sei.4 In diesem war für fünf Jahre, von 1864
an, die jüdische Gemeinde untergebracht, bevor dann 1869 mit dem Bau einer Synagoge in
Freiburg begonnen wurde.5
Am 24. August 1797 erwarb Thomas Stutz, Gutsverwalter der Familie von Kageneck,6 das
Wentzingerhaus zum Preis von etwa 11.000 Gulden; einer Summe, die zur damaligen Zeit etwa
der Hälfte des Jahresgehalts sämtlicher Angestellten der Stadt Freiburg entsprach.7 Ein direkter
Nachfahre des Thomas Stutz, Eckhard Zeidler, wird später in seiner Ahnenforschung der Frage
nachgehen, wie der Gutsverwalter in der Lage sein konnte, diesen nicht geringen Kaufpreis
aufzubringen,8 der zudem noch zur Hälfte in bar bezahlt werden musste.9 Wentzinger hatte in
seinem Testament die Versteigerung seines Wohnhauses an den Meistbiethenden bestimmt. In
ihrer Biografie des Künstlers und Philanthropen schreibt Ingeborg Krummer-Schroth: „Das
Haus wurde für 11.000 fl. vom gräflich Kageneck'schen Verwalter Thomas Stutz erworben
und von seiner Familie bewohnt, bis es 1905 von der Stadtverwaltung erworben wurde, die
165.000 Mark dafür zahlte."10 Der Erlös aus dem Verkauf des Hauses nach seinem Tod war
von Wentzinger zur Erbauung und Unterhaltung des Armenspitals bestimmt, das er in seinem
Testament zum Universalerben eingesetzt hatte.11
Auch der Verkaufspreis von 165.000 Mark, für den Pauline Stutz, die Witwe des Ludwig
Stutz (1827-1891), eines Enkels des Thomas Stutz, das Wentzingerhaus 1905 an die Stadt
Freiburg verkaufte, stellte für die damalige Zeit eine stolze Summe dar. Damals kosteten ein Paar
Schuhe 4 Mark, Stiefel 8 bis 10 Mark und ein Anzug zwischen 20 und 80 Mark. Nach Zeidlers
Nachforschungen behielt Pauline Stutz bis zu ihrem Tod eine Wohnung im Wentzingerhaus, die
sie von der Stadt anmietete. Der Erlös aus dem Verkauf des Wentzingerhauses floss nicht allein
Vorlage des Stadtrates der Stadt Freiburg im Breisgau an den Bürgerausschuss von 1905; vgl. Albert/
Wengenroth (wie Anm. 2), S. 186.
http://www.alemannia-judaica.de/freiburg_synagoge_a.htm#Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde.
Erstmals erwähnt von Richard Waenker von Dankensch weil: Auszug aus den Aufzeichnungen über die
Familie Waenker von Dankenschweil, Archiv der Verfasserin.
Eckhard Zeidler: Gathering Honey and The history of our families, Archiv der Verfasserin.
Ebd.
Freiburger Zeitung vom 9. ,12. und 13. August 1797: „Am 24. des Monats Vormittags 9 Uhr wird die zur
Verlassenschaft des verstorbenen Raths und Kunstmahlers Christian Wenzinger gehörige Behausung
„zum schönen Eck" genannt, auf dem Münsterplatz gelegen, die einerseits hinten und vorne an die Straße
, andererseits an Dominik Schuhmacher stößt, an den Meistbiethenden auf dem Münsterplatz verkauft
werden. Der Schätzpreis der Feilschaft beträgt 10.000 fl. wovon die Hälfte mit 5.000 fl, nebst allfälligem
Mehrerlöß in der Zeit von 14 Tagen vom Kauftage an in baar bezahlt werden muss, die übrigen 5.000 fl.
aber kann der Käufer gegen normalmäßige Versicherung als ein mit 5 von 100 vom Kauftage an verzinsliches
Kapitel übernehmen."
Ingeborg Krummer-Schroth: Johann Christian Wentzinger. Bildhauer, Maler, Architekt, 1710-1797, Freiburg
1987, S. 271.
Freiburg baroque. Johann Christian Wentzinger und seine Zeit (1710-1797). Eine Ausstellung der Städtischen
Museen, hg. von Tilmann von Stockhausen und Peter Kalchthaler, Freiburg/Berlin/München
2010, S. 24.
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