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Doch zurück zu Maria Elisabeth. Das Alltag in Freiburg wird unterbrochen von gelegentlichen
kleinen Reisen, die sie gemeinsam mit ihrem Mann in den Schwarzwald, an den Bodensee,
nach Nordbaden oder auch in die Schweiz unternimmt - ein trotz aller Sorgen beschauliches
Leben, welches das gehobene Bürgertum52 in jenen Jahren in der Breisgaumetropole führen
konnte.
Mit Aufmerksamkeit beobachtet Maria Elisabeth lokale oder politische Ereignisse, die sie in
ihrem Tagebuch festhält. Erschüttert berichtet sie über das verheerende Eisenbahnunglück, das
sich 1882 bei Hugstetten im Mooswald auf der Strecke zwischen Freiburg und Colmar ereignet
hatte und 64 Menschen das Leben kostete, oder sie kommentiert den Deutsch-Französischen
Krieg 1870/71, an dem auch ihr Sohn Gustav als Arzt und die Schwiegersöhne teilnahmen. Am
23. März 1871 wird der Friede auch in Freiburg gefeiert: Am 23. März, dem Friedensfest und
Geburtstag des Kaisers, stimmten wir mit vollem Herzen in den allgemeinen Jubel ein, ergötzten
uns gemeinschaftlich an der festlichen Beleuchtung der Stadt, auf welche die glänzenden Sterne
des Nachthimmels so klar hernieder schauten, als wollten sie ihre Teilnahme an den irdischen
Freuden ausdrücken und bekunden.53
Maria Elisabeth Waenker von Dankenschweil war in Freiburg sozial tätig und gehörte
z.B. dem Comite des Luisen Frauenvereins an. 1884 nahm sie an der Feier des 25-jährigen
Jubiläums in Karlsruhe teil, wo sie als langjährige Comite-Dame besonders geehrt wird. Die
Familie Waenker von Dankenschweil war, trotz der gutbürgerlichen Position des Ehemannes,
nicht vermögend. Dennoch kann Maria Elisabeth feststellen: Unsere Verhältnisse, ohne glänzend
zu sein, waren doch der Art, dass wir nicht nur ohne Nahrungssorgen, sondern sogar recht
behaglich leben und die Vergnügen, wie sie eine Stadt wie Freiburg immer bieten mochte, froh
gemessen konnten.5* Die Tochter Maria 1870 für sechs Monate in ein Pensionat in der französischen
Schweiz nahe bei Genf zu schicken, bedeutete für die Familie dennoch ein, wenn auch
gerne erbrachtes, finanzielles Opfer.
Die Familie Risler
Das Tagebuch der Maria Elisabeth Waenker von Dankenschweil befand sich im Besitz von Irma
Risler, ihrer Urenkelin. Irma Risler ist die 1883 geborene älteste Tochter von Emil und Klara
Risler, geb. Obkircher. Elise Waenker von Dankenschweil, Tochter von Maria Elisabeth, heiratete
1853 den Juristen Hermann Obkircher, der zu jener Zeit am Freiburger Hofgericht tätig war.
1864 wurde er Direktor des Kreisgerichts Heidelberg, 1868 Präsident des Justizministeriums,
schließlich Vorsitzender Richter am Obersten Gerichtshof in Karlsruhe. Irma Risler hat im
Jahre 1940 eine Abschrift des Tagebuchs angefertigt, eine weitere handschriftliche Kopie dieser
Abschrift stammt von ihrer Tochter Hildegard Kilius.
Klara Obkircher heiratete 1882 Emil Risler, den Sohn des Freiburger Fabrikbesitzers
Jeremias Risler. Über die Verlobung 1881, die in die Zeit unmittelbar vor dem Tod von Klaras
Vater fiel, war die Familie sehr erfreut. Der junge Mann ist von vortrefflichem Charakter, seine
Vermögensverhältnisse brilliant, die ganze Familie höchst ehrenwert, notiert Maria Elisabeth.
Am 9. Oktober fand die Hochzeit von Klara Obkircher mit Emil Risler in Karlsruhe statt. Es
war wieder ein Kampf zwischen Herz und Vernunft in mir entstanden; letzteres hat gesiegt,
Trotz des adeligen Namens ist es ein bürgerliches Leben, das die Familie Waenker von Dankenschweil
führt.
Waenker von Dankenschweil (wie Anm. 36), Tagebuch 1871, S. 105.
Waenker von Dankenschweil (wie Anm. 36), Mein Jugendleben, S. 413.
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