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Ausdruck ihrer Organisationsfreude und -stärke, die sie nicht zuletzt dank vielfältiger persönlicher
Beziehungen innerhalb des gehobenen Bürgertums der Stadt sowie auch zum
Caritasverband entfalten konnte.94 1926 stirbt Ida Kuenzer in ihrer Villa im Kreis ihrer Kinder.
„Unter großer Beteiligung waren bei ihrer Beisetzung auf dem Freiburger Hauptfriedhof auch
Erzbischof Carl Fritz und Altreichskanzler Joseph Wirth zugegen."95 In einem Nachruf des
Katholischen Frauenbundes heißt es, Kuenzer habe mit ihrer Tochter Maria „Hilfe organisiert
und als Frau mit den nimmermüden Händen Caritas an die Menschen herangetragen". Und
in einem weiteren Nekrolog ist zu lesen: „Immer bildete das Kuenzer'sche Haus ein geistiges
Zentrum für das katholische Freiburg."96
Ida Kuenzer war, wie bereits erwähnt, die Patin der Enkelin der Maria Elisabeth Waenker
von Dankenschweil, Maria Föhrenbach. Die Verbindung zwischen beiden Familien scheint recht
eng gewesen zu sein, denn auch Enkelin Elsbeth, die in Karlsruhe die Kunstschule besucht, wird
durch die grosse Güter von Frau Kuenzer geb. v. Beust zu einem Luftkuraufenthalt, teils in der
Schweiz, teils auf dem Schwarzwald eingeladen.97
Richard Kuenzer studierte Rechtswissenschaften in Fribourg, München, Kiel sowie Freiburg
i.Br. und wurde dort 1903 zum Dr. jur. promoviert. Ab 1904 war er im diplomatischen Dienst
und als Konsul in Paris, Kapstadt, Johannesburg und Sansibar. Stationen während des Ersten
Weltkrieges waren für ihn Lugano in der Schweiz, Drama in Nordgriechenland und Xanthi
in Makedonien. Während einer Zugreise durch Griechenland wurde er von britischem Militär
verhaftet. Nach drei Jahren britischer Kriegsgefangenschaft meist auf der Insel Malta kehrte er
1919 nach Hause zurück. Auch in dieser Zeit zeigten sich bereits sein Mut, seine Geradlinigkeit
und seine Widerstandsfähigkeit. Weil er wiederholt gegen rechtswidrige Anweisungen der britischen
Behörden protestiert hatte, war er seitens der Lagerleitung massiven Schikanen ausgesetzt
. Auch Zwangsarbeit musste er leisten, durch die seine Gesundheit schweren Schaden
nahm.98 1923 versetzte man ihn in den einstweiligen Ruhestand, weil das Auswärtige Amt nicht
mehr bereit war, ihm eine angemessene Stelle anzubieten; eine Situation, unter der er sehr litt.99
1923 schloss er sich der Zentrumspartei an, deren linkem Flügel er angehörte. Sein Ziel, ein
Reichstagsmandat zu erlangen, erreichte er damit jedoch nicht.
Der Einstieg in die Politik gelang ihm erst mithilfe Franz von Papens, der ihm in Berlin eine
führende Stelle im Vorstand der „Germania", der von ihm herausgegebenen Zentrumszeitung,
verschaffte. Kuenzer wurde politischer Direktor und Mitherausgeber. Seine Überzeugungen
wichen dabei von denjenigen von Papens zum Teil erheblich ab. Kuenzer galt als überzeugter
Demokrat, auch wenn er in der Aristokratie ein wesentliches Element des Gemeinwesens
sah. Es kam zu heftigen Auseinandersetzungen mit Franz von Papen, der die „Germania" po-
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94 Wollasch (wie Anm. 50), S. 164.
95 Ebd., S. 165.
96 Nachruf von Klara Siebert: Im Gedenken an Frau Ida Kuenzer, in: Frauenrundschau 9 vom 11.9.1926, S.
lf.; Sieglitz (wie Anm. 90).
Waenker von Dankenschweil (wie Anm. 36), Tagebuch 1884, S. 360. Ida Kuenzer ist darüber hinaus die
Cousine von Anton Stutz, des Urgroßvaters der Verfasserin.
Schellinger, Tod eines „Friedenssüchtigen" (wie Anm. 74), S. 428.
Vortrag von Uwe Schellinger über Richard Kuenzer mit dem Titel „Unzählige verdanken ihm mehr als
sie ahnen" gehalten am 2. Mai 2005 in Freiburg. Der Vortragstitel stammt aus dem Nachruf über Richard
Kuenzer von Johanna Solf: Ein Sendbote der Güte. Ein Bildnis Richard Kuenzers, erschienen erstmals
in der Neuen Zeitung Berlin, November 1945, abgedruckt in: Freiburger katholisches Kirchenblatt 34
(1954), S. 584.
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