http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2017/0133
Im Anschluss an die von Seiten des Merdinger Gemeinderats und Waisenrichters Fridolin
Seiinger32 erteilte Zustimmung sowie die Einverständniserklärung der Geschwister Walburga,
Maria Anna, Afra und Klemens Seiinger äußerte sich Bürgermeister Schnurr wie folgt:
[...] daß auch hinsichtlich der Schulden durchaus kein Anstand gegen die Einhändigung der
Reiseurkunden obwalten, indem außer einigen unbedeutenden Posten der Gemeinde, für deren
Berichtigung er selbst sorgen wolle, niemand mehr etwas an diese Leuthe zu fordern hätte, und
man sie also ohne allen Anstand wegziehen laßen könne.
Die nach der soeben zitierten Stellungnahme des Merdinger Ortsvorstehers erteilte
Genehmigung des Bezirksamts, Isidor Seiinger das Vermögen von dessen noch minderjährigen
Geschwistern anzuvertrauen und die erforderlichen Reisedokumente ausfertigen zu lassen,
markiert den vorläufigen Schlusspunkt des administrativen Verfahrens. Der Vollständigkeit
halber sei allerdings noch daraufhingewiesen, dass sich hinsichtlich der beiden Seiinger-Brüder
Remigius und Klemens im Vorfeld der Auswanderung offensichtlich noch einige Komplikationen
ergeben hatten, die vor allem im Freiburger Dossier B 694/1 Nr. 1715 ihren Niederschlag fanden
. So zog etwa, analog zur Auswanderungsakte B 694/1 Nr. 1714, Bürgermeister Schnurr mit
Datum vom 20. Juli 1832 eine erste Bilanz und kam zum Schluss, dass sich das Nettovermögen
des Remigius Seiinger auf 321 Gulden und 30 Kreuzer belief und auch Klemens Seiinger über
eine Barschaft von insgesamt 323 Gulden verfügte. Remigius, so der Ortsvorsteher weiter, habe
[...] im Jahr 1831. der Conscription=Pflichtigen Looßung Genuegen geleistet No. 184 gezogen
und istfrey geblieben. Ebenso Kiemenz Seiinger [...].33 Vonseiten der Gemeinde bestehe somit
kein Hindernis, den beiden Brüdern - übrigens werden sowohl Remigius als auch Klemens
ausdrücklich als Schreiner bezeichnet - die Auswanderung nach Nordamerika zu verweigern.
Das Breisacher Bezirksamt sah dies jedoch anders und teilte mit Datum vom 21. Juli 1832 dem
Merdinger Gemeindevorstand mit:
[...] daß Remigi Seiinger bis auf zurückgelegtem 23.t Lebensjahre cons er iptionspflichtig
bleibt, und daß [...] demselben während der Dauer der Cons er iptionspflichtigkeit
die Auswanderungsbewilligung nicht ertheilt werden darf sofern für die Erfüllung
der Kriegsdienstpflicht keine Sicherheit gestellt wird: da nun derselbe hiezu das erforderliche
Vermögen nicht hat, so muß ihm auch die Auswanderungsbewilligung unbedingt
verweigert werden.
Tatsächlich zeigt ein Blick in die Auswanderungsakte B 694/1 Nr. 1714, dass zwar Klemens
Seiinger im Herbst 1832 seine Heimat verließ, nicht aber Remigius. Man wird davon ausgehen
dürfen, dass der gemäß Aktenlage noch vorübergehend concriptionspflichtige Bruder im
Jahr darauf in die Neue Welt aufbrach, während der erst knapp 17 Jahre alte Klemens, der unter
der Pflegschaft des in lokalen Quellen relativ häufig bezeugten Merdinger Bürgers Anton
Die Identität des genannten Amtsinhabers ist angesichts der Tatsache, dass mehrere Personen gleichen
Namens zur gleichen Zeit bezeugt sind, vorläufig nicht exakt bestimmbar. Das besagte Amt umfasste
auf Gemeindeebene die Aufsicht über die Vormünder und Mündel. Hierzu siehe etwa Gottlieb Planck:
Familienrecht, Teil 2: Beendigung der Ehe, Recht der Abkömmlinge, Vormundschaftsrecht, unveränderter
photomechanischer Nachdruck der als Ms. vervielfältigten Ausgabe aus den Jahren 1875-1888 (Die
Vorlagen der Redaktoren für die erste Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines Bürgerlichen
Gesetzbuches), hg. von Werner Schubert, Berlin/New York 1983, S. 944f. (= S. 1930f.).
Die Hinweise beziehen sich auf die Militärpflicht.
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