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Stadelhofener Selingern über vertrauenswürdige Hinweise, oder ergibt sich auch für die Seite
seiner Mutter ein solcher Befund? Josephs Bemerkung my mother [was] from Bühl, Baden lässt
bereits erahnen, dass auch hinsichtlich der Bühler Ahnen sachlich korrekte Auskünfte zu erwarten
sind. Einen Beleg hierfür liefert ein zwei Seiten umfassender Brief des Reverends, der
am 16. Dezember 1903 geschrieben und wiederum an Jean Paul Seiinger adressiert wurde.75
Nahezu 13 Jahre nach dem frühesten erhaltenen Schreiben des Geistlichen an seinen vermeintlichen
Cousin wendet sich Seiinger im Vorfeld der Weihnachtsfeiertage einmal mehr in ausgesprochen
höflicher Form an den Bostoner Künstler, um sodann (eher beiläufig) seine Mutter
und seine Schwestern zu erwähnen, die er in St. Charles, Missouri, zu besuchen beabsichtigt.76
Es folgt eine kurze Textpassage, in der auf einen Bishop O'Connell Bezug genommen wird, der
offensichtlich persönlichen (oder nur brieflichen?) Kontakt zu Jean Paul Seiinger gepflegt und
im Rahmen dieser Bekanntschaft den Namen von Reverend Joseph Seiinger ins Spiel gebracht
hatte.77 Bischof O'Connell scheint darüber hinaus Jean Paul gegenüber eine verwandtschaftliche
Beziehung zwischen Reverend Seiinger und der damals wohl bereits sehr prominenten Familie
Stanford thematisiert zu haben, präzisiert Joseph gegenüber Jean Paul doch entsprechend: What
he [sc. Bischof O'Connell] told You [sc. Jean Paul Seiinger] of Mrs. Leland Stanford is true in
the sense that a daughter of my mother's brother is married to the brother of Mrs. Stanford.
His name is Chas. Lathrop. Diese Bemerkungen gewähren weiteren Einblick in das genealogische
Umfeld des Reverends, das überraschenderweise bis in die führenden gesellschaftlichen
Gruppen der damaligen Zeit reicht. Einige wenige Hinweise hierzu mögen genügen: Hinter
Seiingers Erwähnung von Mrs. Leland Stanford verbirgt sich keine Geringere als Jane Lathrop
Stanford (1828-1905; Mädchenname: Jane Eliza Lathrop), die zusammen mit ihrem Ehemann
(seit 1850), Senator Leland Stanford (1824-1893), nach dem Tod ihres einzigen Sohnes, Leland
Stanford Junior (1884), die private Leland Stanford Junior University (kurz: Stanford University,
in Stanford/Kalifornien, südöstlich von San Francisco, nahe Palo Alto) gegründet hatte.78 Der
vollständige Name des von Joseph Seiinger erwähnten Bruders {Chas. Lathrop) lautet Charles
Gardner Lathrop (1849-1914). Der mit dem Management der Stanford-Universität betraute
jüngste Spross des Ehepaares Dyer und Jane Anne Lathrop war in zweiter Ehe (seit 1893)
mit Annie Mary Schlageter verheiratet, die eine Tochter des Ehepaares Hermann und Barbara
Ulrich Schlageter war. Annie Mary Lathrop geb. Schlageter war gemäß brieflicher Auskunft
Smithsonian Archives (wie Anm. 4). Josephs Schreiben gibt als Ort der Niederschrift St. Francis, Wis.
zu erkennen, womit (gemäß gedrucktem Briefkopf) die Wirkungsstätte des Geistlichen, das Provincial
Seminary of St. Francis, gemeint ist.
Hierzu siehe bereits oben Anmerkung 56, wo (im Brief vom 16.1.1891) von Seiingers Mutter und den
Schwestern Josephine und Emily die Rede war, die in St. Charles (Missouri) situiert wurden.
Der Grund hierfür lag anscheinend in dem Umstand, dass O'Connell und Joseph Seiinger sich aufgrund
ihrer gemeinsam verbrachten Zeit am American College in Rom persönlich gut kannten, jedenfalls äußert
sich Seiinger in dem hier zur Diskussion stehenden Brief entsprechend: Iknow him well. He was my
prefect when Iwas a Student of the American College in Rome. I saw him there just prior to his appoint-
ment to Portland. Seiingers Bemerkungen erlauben eine sichere Identifizierung des geistlichen Würdenträgers
: Bei dem Genannten handelt es sich offensichtlich um William Henry O'Connell (1859-1944),
der im Jahr 1901 zum Bischof von Portland ernannt worden war und seit 1907 als Erzbischof von Boston
amtierte. Von 1885 bis zu seiner Ernennung zum Bischof hatte er als Rektor des American College fungiert
. Zum American College siehe bereits oben Anm. 53.
Die Stanford University gilt heute als eine der renommiertesten und mit ca. 18 Milliarden US-$ Stiftungsvermögen
zugleich zu den wohlhabendsten Hochschulen der Welt. Die unweit des Silicon Valley angesiedelte
Universität hat zahlreiche Gründer bekannter IT-Unternehmen (wie etwa Google, Hewlett-Packard
oder Cisco Systems) hervorgebracht.
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