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des Reverends eine Tochter des Bruders der Mutter von Joseph Seiinger (einfacher ausgedrückt:
eine Cousine des Geistlichen). Wir dürfen somit davon ausgehen, dass Hermann Schlageter ein
Onkel Joseph Seiingers war und der Familienname der Mutter „Schlageter" lautete. Lässt sich
all dies in Verbindung mit dem von Seiinger behaupteten Herkunftsort Bühl verifizieren? Die
Aktenlage scheint eindeutig und spricht für den Wahrheitsgehalt der gemachten Aussagen: In
den Beständen des Karlsruher Generallandesarchivs lagert ein Auswanderungsdossier, aus dem
hervorgeht, dass im September 1850 der 21 Jahre alte Schmiedgeselle Herrmann Schlageter
aus Bühl nach Nordamerika auszuwandern wünschte.79 Im „Geburtenbuch" der katholischen
Gemeinde Bühl findet sich nun eine Notiz, welche die Herkunft und das Alter des Genannten
bestätigt: Herrmann Schlageter wurde am 24. April 1829 in Bühl als Sohn des Schmiedes
Gotthard Schlageter und seiner Ehefrau Johanna Blaß geboren.80 Bliebe somit noch Herrmanns
Schwester, die Mutter des Reverends Joseph Seiinger. Auch zu Sofie - so lautet ihr Vorname
- existiert eine Auswanderungsakte,81 doch gestaltet sich die Sachlage in ihrem Fall etwas komplexer
. Sofie Schlageters amtliches Gesuch um die staatliche Erlaubnis zur Auswanderung nach
Nordamerika datiert vom Herbst 1852 und wurde damit rund zwei Jahre nach dem entsprechenden
Antrag ihres Bruders Herrmann eingereicht. Da die am 7. Mai 1835 in Bühl geborene
Antragsteller in zum genannten Zeitpunkt erst 17 Jahre alt war und keine Eltern mehr hatte,
wurde sie durch den Bühler Bürger Friedrich Schlageter vertreten, in dessen Person uns sehr
wahrscheinlich ein naher Verwandter des Vaters begegnet.82 Sofies Vertreter gibt nun am 11.
September 1852 in Bühl vor Bürgermeister Karl Berger zu Protokoll, in Amerika seien bereits
zwei Brüder seiner auswanderungswilligen Pflegetochter ansäßig und Sofie habe in ihrer Heimat
keine Familienmitglieder mehr. In finanzieller Hinsicht stellte Sofies Aus Wanderungsbegehren
anscheinend kein Problem dar, waren der minderjährigen Vollwaise doch ca. 1000 Gulden an
ererbtem Vermögen zugefallen, von denen 200 Gulden für die Reise in die Neue Welt vorgesehen
waren. Während die Gemeinde Bühl dem Anerbieten Friedrich Schlageters keinerlei
Hindernisse in den Weg legte, wurden seitens des Amtsrevisorats Einwände erhoben: Mit
Datum vom 23. September 1852 wurde u.a. der ausdrückliche Wunsch geäußert, man möge
doch mitteilen, mit wem die Sofie Schlageter die Reise antreten wird, denn so lange nicht eine
achtbare Familie genannt wird in deren Gesellschaft und Schutz die Reise antreten kann [sie!],
wird die AuswanderungsErlaubniß nicht ertheilt werden. Schon tags darauf wurde der Pfleger
Friedrich Schlageter wieder bei Bürgermeister Berger vorstellig und gab zu Protokoll, Sofie
würde die Reise nach Amerika unter anderem unter dem Schutze der besten und achtbaren
Familie Ochsenwirth Söllinger von Stadelhofen unternehmen. Wer mit diesen Personen gemeint
sein könnte, bleibt unklar, da die Brüder August und Carl Seiinger doch bereits zwei Jahre zuvor
ihre Auswanderungsanträge gestellt hatten. Waren die beiden etwa zwischenzeitlich wieder in
ihre alte Heimat zurückgekehrt und erklärten sich nun dazu bereit, die (ihnen persönlich bekannte
?) minderjährige Sofie sozusagen unter ihre Fittiche zu nehmen? Klar scheint jedenfalls,
dass die später erfolgte Eheschließung zwischen Sofie Schlageter und August Seiinger auf eine
wie auch immer geartete Beziehung zurückgeht, die möglicherweise bereits im Vorfeld der
Auswanderung geknüpft worden war.
Was lässt sich aus alldem nun schließen? Hinsichtlich unserer Fragestellung - der von
Reverend Joseph Seiinger ins Spiel gebrachten verwandtschaftlichen Beziehung der Familie
Seiinger aus Stadelhofen zu den aus Merdingen stammenden Namensträgern - liegen zwei
GLA, 346 Zugang 1932-16 Nr. 445.
GLA, 390 Nr. 851 (Zeitraum: 1810-1842), [o. R], Nr. 16.
GLA, 346 Zugang 1932-16 Nr. 448.
Nachweis des Geburtseintrags: GLA, 390 Nr. 851 (wie Anm. 80), [o. R], Nr. 36.
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