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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2017/0157
Spätestens seit 1867 wurden von der zuständigen Kirchenleitung in London Chaplains, also
Geistliche, zum anglikanischen Gottesdienst in Freiburg bestimmt. Die Gottesdienste fanden zunächst
im Versammlungsraum des großherzoglichen Bezirksamts statt.6 Zum Jahrhundertende
hin aber war die Gemeinde, die von der Society for the Propagation of the Gospel in Foreign
Parts, einer Art Missionsgesellschaft, finanziell unterstützt und rechtlich vertreten wurde,
so stark angewachsen beziehungsweise hatte sie so starken Zulauf von englischsprachigen
Freiburgbesuchern, dass an den Bau einer eigenen Kirche gedacht werden konnte. Überdies
hatte das Bezirksamt Eigenbedarf für den Versammlungsraum angemeldet. Bereits 1888 hatte
eine Delegation der Kirchengemeinde, zu der auch wieder der schon erwähnte Bradley Roberts
gehörte, im Rathaus vorgesprochen, das Bauvorhaben vorgetragen und dabei durchaus wohlwollenden
Zuspruch erfahren.7 Doch erst 1893 war es soweit: Die Stadt stellte der Gemeinde
zwischen Turnsee-, Bromberg- und Urachstraße ein 1.230 Quadratmeter großes Grundstück zur
Verfügung. Dieses blieb zwar Eigentum der Stadt wurde aber zur - wie es heißt - unwiderruflichen
Benutzung als Kirchenbauplatz überlassen. Interessant sind die einleitenden Worte dazu
in der entsprechenden „Bürgerausschussvorlage". Dort wird der Entschluss zum Kirchenbau
als erfreuliches Zeichen dafür begrüßt, dass die englische Kolonie sich in Freiburg auch für
die Zukunft heimisch fühle. Darum habe man beschlossen, ihr als Ausdruck der Sympathie der
Stadt Freiburg und als Anerkennung dafür, dass die Angehörigen der englischen Gemeinde
sich jederzeit als Freund der Stadt und Förderer ihrer gemeinnützigen Bestrebungen gezeigt
haben, den Bauplatz für die englische Kirche als Geschenk anzubieten. Das Benutzungsrecht
am Bauplatz sollte nur aufhören und derselbe frei an die Stadt zurückfallen, falls die englische
Kirche entfernt oder für einen anderen Zweck bestimmt werden sollte. Einstimmig hieß der
Gemeinderat die Übertragung des Platzes an die Kirchengemeinde gut.8

Der Standort der neuen Kirche, die nach Plänen des Freiburger Architekten Bauer von der
Baufirma Walther, Jakobson & Co. in rotem Sandstein und neogotischen Formen errichtet wurde
, war gut gewählt. Er lag inmitten einer Wohngegend, die auch von britischen Freiburgern bevorzugt
wurde, und unweit des Hotels „Bellevue" an der Ecke Günterstal-/Prinz-Eugen-Straße,
in dem gerne Reisende von der Insel und Amerikaner bei Besuchen der Stadt abstiegen (Abb.
2). Im Juni 1890 hätte man dort beispielsweise Bekanntschaft machen können mit Miss Whitty,
Mrs. Mockler, dem Ehepaar Bossley-Thomas, Mr. Gater und Mr. Legatt aus England, mit Arthus
Fairbanks, Mrs. Kratz und Stewart Lee aus den Vereinigten Staaten sowie mit Mrs. Mercer samt
ihrer achtköpfigen Familie aus Australien. Aber mit so vielen ausländischen Gästen war das
„Bellevue" durchaus keine Ausnahme. Wenn man die Fremdenlisten der Freiburger Hotels 1890
und 1891 durchschaut, dann wimmelt es dort geradezu von britischen, nordamerikanischen und
australischen Besuchern.9

Ein interessanter Fall im Zusammenhang mit dem „Bellevue" ist jener der Amerikanerin
Clothilde Kate Brewster (1874-1937), die wohl eine der ersten Architektinnen überhaupt war.
1895 nahmen ihre Eltern, die eigentlich in Rom lebten, bei einem Freiburgbesuch im Hotel
„Bellevue" Quartier. Die Eltern, das waren der Schriftsteller Henry Bennet Brewster (1850-
1908), der Dramen und philosophische Texte verfasste, und seine Ehefrau Julia, eine gebore -

Ebd., Schreiben der großherzoglichen Domänenverwaltung vom 16.04.1893.
StadtAF, C2/5/7 Erbauung einer Kirche für die englische Kolonie, 1888-1892.
StadtAF, C3/20/1 und Bürgerausschussvorlage vom 30.11.1893.

Freiburger Fremdenblatt und Vergnügungsanzeiger, hg. von der Städtischen Commission zur Förderung
des Fremdenverkehrs, Nr. 1 vom 04.06.1890. 1921 wurde das Hotel „Bellevue" vom Franziskanerorden
gekauft, der es noch heute als Kloster nutzt, Manfred Gallo: Wie aus dem Hotel ein Kloster wurde, in:
Badische Zeitung, 04.07.2011.

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