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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2017/0170
Karl Müller fotografiert als Teil der Propagandakompanie 698. Propagandakompanien unterstehen
dem jeweiligen Armeeoberkommando. Sie haben den Auftrag, die Aktivitäten der
Truppenteile, denen sie zugeordnet sind, zu begleiten, gegebenenfalls auch das Kriegsgeschehen
in Bild und Text festzuhalten sowie eine „psychologische Kriegsführung" zu gestalten. Dabei
soll die Wehrmacht in einem guten Licht erscheinen. Die Filme mit den Fotos sowie alle sonstigen
Materialien gehören nicht den Fotografen, sondern stehen der militärischen Führung
zur Verfügung, unterliegen der Zensur und gehen an das Propagandaministerium in Berlin,
das sie gezielt verwenden kann, um die Stimmung in der Bevölkerung und die Wahrnehmung
im Ausland zu beeinflussen. Von dort kommen auch Anweisungen für die Arbeit.10 Karl
Müller wird das bewusst gewesen sein, als er den Auslöser seiner Kamera betätigte. Er war
kein Nazi. Seine Personalpapiere als Soldat - Wehrpass, Wehrstammbuch, Personalakte -
haben sich zwar nicht erhalten.11 Aber auf dem Meldebogen, den er am 1. August 1947 im
Rahmen seines Entnazifizierungsverfahrens ausfüllte, hat er jegliche Beziehungen zur NSDAP
oder zu einer mit dieser verbundenen Organisation verneint. Vor seiner Verwendung in der
Propagandakompanie ab 1941 hatte er seit 1939 im 2. Bau-Bataillon 57 gedient. Sein letzter
Dienstgrad war Obergefreiter. Es wurde denn auch keine Belastung festgestellt.12 Müller gab
an, vor dem Krieg überwiegend selbstständiger Bildberichterstatter gewesen zu sein - eine
Tätigkeit, die er nach Kriegsende mit Genehmigung der französischen Militärbehörden wieder
aufnahm.

Auszugehen ist somit davon, dass Müller keine reinen Nazi-Propagandafotos machen wollte
, sich aber auch nicht seinem Auftrag entziehen konnte. Kritische Bilder oder gar Aufnahmen
von Wehr macht s verbrechen waren keinesfalls möglich, sie hätten schwerwiegende Folgen für
ihn gehabt. Darüber hinaus stand er in einer Tradition der Bildgestaltung. Er war „ursprünglich
fotobesessener Bankbeamter", bevor er als Fußball-Reporter arbeitete und sich zu einem „guten
Allround-Reporter mit einem ausgezeichneten optischen Blick" entwickelte.13 Gebürtig in
Oeflingen bei Bad Säckingen, wohnte Müller nach Aufenthalten in Pforzheim und Berlin seit
1934 in Freiburg. Neben Fußballspielen fotografierte er gerne die schöne Schwarzwaldlandschaft
und die Menschen, die dort lebten und arbeiteten. Dabei sind ihm etwa im Elztal der 1930er-Jahre
berührende Bilder gelungen - Schnappschüsse und gestellte Aufnahmen von Kindern oder
Frauen in Tracht, die sich in ihrer Landschaft aufhalten (Abb. 4 und 5). Die Fotos sind nicht
sozialkritisch. Karl Müller will das Schöne zeigen, die Menschen sind fröhlich, sie lassen sich
gern fotografieren, sie wirken stolz. Insofern haben die Bilder etwas Idyllisches. Müller wollte
die Schönheiten des Schwarzwaldes und seiner Menschen vermitteln. Vermutlich hat er daran

Vgl. Reuter (wie Anm. 9), S. 258-261 (mit weiteren Nachweisen); Daniel Uziel: Propaganda, Kriegsberichterstattung
und die Wehrmacht. Stellenwert und Funktion der Propagandatruppen im NS-Staat, in:
Die Kamera als Waffe. Propagandabilder des Zweiten Weltkrieges, hg. von Rainer Rother und Judith
Prokasky, München 2010, S. 13-36 (auch: www.zeithistorische-forschungen.de/sites/default/files/medi-
en/2015-2/Uziel_2010.pdf [19.7.2017]); der gesamte Band ist für ausführliche Informationen heranzuziehen
.

Mitteilung von Frau Weigand von der Deutschen Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen
von Gefallenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht (WASt) an Heiko Haumann, 3.4.2017.

Staatsarchiv Freiburg, D 180/2 Nr. 207.336. Dass Karl Müller kein Mitglied der NSDAP war, wurde
überprüft und von mehreren Zeugen bestätigt. Daraufhin reihte ihn der Untersuchungsausschuss als vom
Gesetz nicht betroffen ein. Im Bundesarchiv konnten keine Unterlagen zu Karl Müller ermittelt werden
(E-Mail von Anna Kirchner an Heiko Haumann, 16.3.2017).

Leif Geiges: Eine Betrachtung zum Ausklang, in: Freiburg in Trümmern 1944-1952. Eine Bild- und Textdokumentation
, hg. von Walter Vetter, Freiburg 1982, S. 187-189, hier S. 189. Vgl. auch den Nachruf auf
Karl Müller in: Badische Zeitung, 12.3.1980.

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