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hier seinen Platz finden. Es fehlt aber Albrecht VI., der als Onkel immerhin ein nahestehender Verwandter
war. Dieser Habsburger hatte bis in die neueste Zeit einen bedenklich schlechten Ruf. Während man
sonst auch weniger vorzeigefähigen Vertretern der Familie noch verzweifelt positive Züge zuzuschreiben
suchte, hat die durch Kaiser Maximilian beeinflusste Geschichtsschreibung Albrecht VI. entweder aus
der Erinnerung verdrängt oder geradezu mit einer Häufung negativer Eigenschaften belegt. Erst die neuere
Forschung hat an diesem Bild Korrekturen vorgenommen. Jedoch fehlte eine wissenschaftlich brauchbare
Biografie; Wilhelm Baums Veröffentlichungen über Albrecht VI. waren nur knappe biografische
Skizzen. Nunmehr hat Konstantin Langmaier mit seinem umfangreichen Werk diese Lücke geschlossen,
wobei er die ganze Biografie und alle geografischen Aktionsplätze dieses Habsburgers erfasst, auch
dessen Wirken auf den österreichischen Schauplätzen. Seine methodische Vorgehensweise bezeichnet
er zurückhaltend als „biografische Annäherung", doch dies ist angesichts der Datenfülle und -dichte
eher eine Untertreibung. Er verarbeitete Massen von gedrucktem und ungedrucktem Material und zog
alle bekannten Quellen heran. Doch der Gefahr, in dieser Datenmasse zu ersticken, war sich Langmaier
bewusst, indem er durch eine geschickte Kapitelunterteilung, durch offene Fragen und Kapitelzusammenfassungen
thematische Klammern herstellte.
Der Autor teilt Albrechts Biografie in vier Phasen ein. In der ersten innerösterreichisch-ungarischen
Periode (1418-1444) werden bereits die späteren Grundkonstellationen erkennbar: als jüngerer Bruder
und Fürst ohne Land, der Dauerkonflikt mit seinem älteren Bruder, dem späteren König Friedrich III.,
dem in Langmaiers Werk naturgemäß ein breiter Raum zugestanden wird, als die „Beschreibung eines
lebenslangen Bruderzwists" (S. 7). Wichtig wurde für Albrecht in diesem Zeitabschnitt, dass er sich
zunehmend aus der Vormundschaft seines Bruders lösen und eigenen Spielraum gewinnen konnte. Ob
jedoch die folgende, die „vorländische" Phase (1444-1456/57), in der Albrecht in den Südwesten geschickt
wurde, wirklich nur eine Abschiebung des unbequemen Bruders war, wie der Autor urteilt, erscheint mir
fraglich. Er konnte hier als energischer Vertreter des Hauses Habsburg vor Ort den Schweizern im Alten
Zürichkrieg entgegentreten und politisch an Profil gewinnen. Zwar konnte er die verlorenen Gebiete nicht
zurückerobern, doch es gelang ihm, die Vorlande nördlich der Rheingrenze militärisch zu sichern und
politisch zu stabilisieren. Langsam erfolgte eine Verschiebung seiner politischen Aktivität in den schwäbischen
Raum und bereits angedeutet in den Donauraum. Auch die Vorteile seiner Rangerhöhung zum
Erzherzog 1453 konnte er im zersplitterten Südwesten nicht zum Aufbau einer eigenen Machtstellung
benützen, vor allem, weil die finanzielle Basis stets unzureichend blieb. Durch den unerwarteten Tod des
noch jugendlichen Ladislaus Postumus 1457, Sohn Albrechts V. von Osterreich, als Albrecht II. römischer
König, brach der Kampf um das zentrale Erbstück, das Herzogtum Österreich, zwischen Friedrich III.
und Albrecht VI. in voller Schärfe aus. In dieser dritten Phase (1458-1462) verlagerte Albrecht sein Aktionsfeld
nach Osten, wo er mit Hilfe der niederösterreichischen Stände den offenen Krieg gegen seinen
Bruder Friedrich III. begann. Die kriegerischen Ereignisse leiten nahtlos in die vierte Phase (1462-1463)
über, in der Albrecht anfangs beachtliche Erfolge erzielen konnte, wie die Belagerung der kaiserlichen
Familie in der Wiener Hofburg, ohne aber eine Entscheidung zu erzielen. Der Autor schildert ausführlich,
wie Albrechts Machtstellung im Folgenden immer mehr ,zerbröselte', weil sich Verbündete und Freunde
unter der Belastung des Bruderkriegs von ihm abwendeten und Aufstände - wie etwa in Wien - gegen
ihn ausbrachen. Mitten in der entscheidenden Auseinandersetzung verstarb Albrecht VI. am 2. Dezember
1463 überraschend in Wien. Die Todesursache blieb ungeklärt und umlaufende Gerüchte über eine Vergiftung
konnten nicht bestätigt werden.
An zwei Stellen muss jedoch Kritik an Langmaiers Buch angebracht werden. Beide Male betreffen
sie sein Verhältnis zu Städten. Beim ersten Einwand geht es um einen scheinbar bekannten Vorgang,
nämlich die Aufhebung der Zünfte und die Änderung der Ratsverfassung 1454 in Freiburg i. Br. (S. 393-
399). Der Autor bewertet Albrechts Eingreifen einseitig als Absicht, gegen die Zünfte die Wirtschaftskraft
Freiburgs wieder zu stärken und die Finanznot der Stadt zu beheben. Dabei stützt er sich auf die ungedruckte
Staatsexamensarbeit von Ute Kessner (1976), die inhaltlich überholt ist. Neuere veröffentlichte
Quellen zeigen jedoch die Vielschichtigkeit dieses Vorgangs, der in einigen Punkten immer noch der
Klärung bedarf, und der primär als politische Maßnahme verstanden werden muss. Eine breite Schilderung
findet auch das energische Eingreifen Albrechts 1449 in die inneren Verhältnisse einer anderen be-
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