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Im Jahr 1764 erhielt Pfünner das Angebot, eine vierte große Kirche auszumalen - die Pfarrkirche
St. Gallus in Hofweier bei Offenburg. Zwei zentrale Deckenbilder (die Bekehrung des
Paulus im Chor und das Messiasbekenntnis des Petrus im Langhaus) sind von zahlreichen Engeln
in gemalten (!) Stuckkartuschen umgeben, denen allesamt auf das Priesteramt bezogene
Gegenstände beigegeben sind. Hinzu kommen acht Tafelbilder auf Leinwand, die die vier Evangelisten
und die vier lateinischen Kirchenlehrer zeigen, sodass eine geschlossene Konzeption
entsteht: Das Evangelium von Jesus Christus, das die beiden ,Apostelfürsten4 Petrus und Paulus
verbreiteten, die Evangelisten aufschrieben und die Kirchenlehrer lehrten, wird heute durch das
Priesteramt verkündet.17
Parallel zu dieser umfangreichen Arbeit in Hofweier entstanden zwei Tafelbilder mit der hl.
Walburga von Eichstätt und dem hl. Diego von Alcalä für den Kapuzinerkonvent in Thann im
Elsass, die sich heute im dortigen Museum befinden, sowie ein Seitenaltarblatt mit der Apotheose
des hl. Trudpert für die Klosterkirche St. Trudpert im Münstertal, das mit der Darstellung in
der Berghauser Kapelle eng verwandt ist; im Auszug ist der hl. Oswald zu sehen. Gegen Ende
des Jahres, vielleicht schon in das nächste hinüberreichend, malte Pfunner die beiden Seitenal-
tarauszugsbilder für die Pfarrkirche St. Gallus in Kirchzarten. Als Motiv wurden ihm die Eltern
Marias - Anna und Joachim - und eine Kreuzabnahme vorgegeben. Um diese Zeit entstehen
auch die beiden Seitenaltarblätter für die Pfarrkirche St. Vincentius Levita in March-Neuershausen
, die zeigen, wie Anna ihre Tochter Maria im Lesen der Verheißungen Gottes unterrichtet
und wie der hl. Blasius in den Himmel aufgenommen wird. Auch das bereits erwähnte Seitenal-
tarauszugsbild mit dem hl. Joseph in Niederschopfheim gehört in das Jahr 1765.
In der langen Zeit von 1749, als Pfunner Bürger und Zünftiger in Freiburg wurde, bis 1765, als
er heiratete, fehlt jede persönliche Nachricht über ihn, sodass sich sein Lebenslauf nur anhand seiner
Tätigkeiten rekonstruieren lässt. Wie sein Privatleben aussah, ist völlig unbekannt. Bei seiner
Arbeit kann man davon ausgehen, dass abgesehen von den Fresken die Altarblätter, Auszugsbilder
u.ä. in seinem Atelier in Freiburg entstanden. Inwiefern er Mitarbeiter oder Lehrlinge beschäftigte,
entzieht sich unserer Kenntnis. In Jahren, in denen sich Aufträge häuften oder ganze Kirchenausmalungen
anstanden, kann man sich nur schwer vorstellen, wie er diese allein hätte bewältigen
können. Auch wenn man versucht ist, in manchen Bildern die Hand eines Gesellen zu erkennen
- etwa bei der Ausgestaltung der Decke in der Judas-Thaddäus-Kapelle in St. Märgen, wo die zum
Chor hin liegenden kleineren Engelsdarstellungen gut ausgemalt sind, während die zur Empore
etwas , schludrig' ausgeführt erscheinen -, ist das keineswegs stringent und könnte darin begründet
sein, dass Pfunner bei den mehr ins Auge fallenden Werkteilen größere Sorgfalt walten ließ.
Doch zurück zu den Ereignissen des Jahres 1765: Am 2. Mai heiratete Spectabiiis Dominus
Joan: Evang: Pfunner pictor experirnentissimus, oriundus de Schwaz tyrolensis im Freiburger
Münster die ortsansässige Maria Anna Willin.18 Aus der Ehe gingen zwei Söhne hervor, der
1766 bzw. 1767 geborene Joseph Anton und Johann Nepomuk. Für seine Familie kaufte Pfunner
am 15. Juni 1766 von Säcklermeister Johann Baptist Huber eine behausung und gesäß in der
großen gassen gelegen, zum hinteren und vorderen bellican genant für 1.800 Gulden.19 Dieses
Haus, einst zentral an der Kreuzung der heutigen Kaiser-Joseph-Straße und Bertold-/Salzstraße
Ebd., S. 112f.: Ginter schreibt hier eine Reihe von Arbeiten Pfunner zu, als deren Urheber man heute eher
den etwa 15 Jahre später wirkenden Anton Morath sieht. Wie er zu der Feststellung kommt, dass „sich
auch keine Bezeichnung von Seiten des Malers an den Gemälden finden" lasse, ist bei eindeutiger Signatur
des Hauptbildes unverständlich.
Dompfarramt Freiburg, Ehebuch 1733-1785, S. 292.
StadtAF, B5 lila Fertigungsprotokolle Nr. 55 (1761-1766), fol. 368r.
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