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Resümee
Zeitgenossen bestätigen Johann Pfunner, dem kunstreichen Maler zu Freiburg, dass er im Land
durch seine Malerei berühmt und sein Ettenheimer Hochaltarblatt kunstreich wunderschön gemacht
, der Anatomie nach, schön in der Stellung der Figuren und Haltung/: auch proper in
Schatten und Licht gemalt:/ habe.26
Diesem positiven Urteil kann der heutige Betrachter durchaus zustimmen, schließlich besaß
Pfunner ein zweifellos großes kompositorisches Geschick. Diese Fähigkeit hat sich nicht
erst im Laufe seiner Tätigkeit entwickelt, sie war von Anfang an da. So zeigen beispielsweise
das Martyrium der hl. Margarethe und mehr noch das des hl. Sebastian in Untersimonswald
einen sehr bewegten und doch klar strukturierten Bildaufbau. Besonders deutlich wird diese
Begabung Pfunners bei den beiden Vierzehn-Heiligen-Altarblättern in Kiechlinsbergen und auf
dem Palmbühl sowie den Deckenbildern, die einer Kreiskomposition am nächsten kommen,
der Fürbitte Marias in Herbolzheim und der Himmelfahrt Christi in Niederschopfheim. Und
was für einzelne Bilder gilt, trifft auch für die Gestaltung ganzer Decken zu. Außerdem zeichnet
sich Pfunner durch einen besonders großer Variantenreichtum bei seiner Themenwahl aus,
gleichwohl ihn ein Sujet immer wieder, von seinem ersten bis zu seinem letzten Werk begleitete:
das Martyrium des hl. Sebastian. Vergleicht man diese Darstellungen, so fällt auf, dass keine
der anderen gleicht, weil Pfunner immer wieder neue Einfälle hatte. Gleiches gilt für andere,
mehrmals in Bildern umgesetzte Motive wie etwa die Apotheose des hl. Nikolaus. Des Weiteren
verfügte Pfunner über ein hervorragendes Farbgefühl. Er liebte eine helle, frohe Farbigkeit mit
Rot- Blau- und Gelbtönen, schätzte aber auch erdige Ocker- und Brauntöne, sodass abwechslungsreiche
Bilder entstanden, die harmonisch und ansprechend wirken, auch wenn dabei zu
berücksichtigen ist, dass ein Teil des heutigen Aussehens auf Nachdunkelung, Verblassung oder
auch Restaurierung zurückzuführen ist. Das „nervöse, unruhige Temperament" Pfunners, das
mit einem flüchtigen Pinselstrich einhergeht, trifft höchstens auf sein Frühwerk, etwa die Em-
mausjünger in Oberried, zu.27 Je älter Pfunner wurde, desto feiner und genauer führte er seine
Bilder aus, wie man bei den Deckenbildern in Herbolzheim, Niederschopfheim oder Endingen
sehen kann. Im Alter wurde er sogar so detailverliebt, dass er beispielsweise bei Brokatgewändern
nicht nur die Stoffstruktur mit größter Genauigkeit wiedergab, sondern in den Stoff sogar
Szenen hineinmalte als seien sie eingewebt, wie etwa eine Geburt Christi im Gewand des hl.
Apollinaris auf dem Hochaltarblatt in der St.-Pankratius-Kirche von March-Holzhausen.
Diesen Aspekten seiner Arbeit, die anerkennend zu nennen sind, müssen auch einige kritische
Töne hinzugefügt werden: Während die bedeutenden Barockmaler des 18. Jahrhunderts
große, deckenfüllende Fresken schufen, die sich von jeder Stelle im Raum aus betrachten ließen,
gelang es Pfunner nie, sich vom Schema des Tafelbildes zu lösen, sodass seine Deckenfresken
oft wie an der Decke befestigte Tafelbilder wirken. Auch bleiben Architekturdarstellungen bei
Pfunner reine Hintergrunddekorationen; die Öffnung des realen Raumes in den imaginären
durch virtuose Scheinarchitekturen, die die Öffnung der Kirchendecke in die Weite des Himmels
imaginieren, wie sie Andrea Pozzo (1642-1709) propagierte und praktizierte, ist bei Pfunner
nicht zu finden. Dieses Fehlen wesentlicher Entwicklungen in der Barockmalerei ist eindeutig
darauf zurückzuführen, dass Pfunner nie über den südwestdeutschen Raum hinausgekommen
Generallandesarchiv Karlsruhe, Bestand 353 - Zugang 1908/10511, Akte 311 Mahlberg (9.9.1761); Hermann
Brommer: Bauleute und Künstler am Ettenheimer Kirchenbau des 18. Jahrhunderts, in: Festschrift
St. Bartholomäus Ettenheim. Beiträge zur 200. Wiederkehr der Weihe der Ettenheimer Stadtpfarrkirche,
hg. von Dieter Weis, München 1982, S. 38-79, hier S. 65f.
Ginter (wie Anm. 1), S. 105.
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