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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2018/0073
Bezugnahme auf Immanuel Kant

Der Geisteshaltung des Klassizismus verpflichtet, sollte Weinbrenners Verständnis von Baukunst
bald überall in Baden seine unverwechselbare Stilausrichtung finden - auch auf dem Gebiet
der Sepulkralkunst. Klaus Lankheit gibt in seinem Buch über „Friedrich Weinbrenner und
den Denkmalskult um 1800" eine Reihe überzeugender Beispiele an die Hand.9 Mitunter fällt
auch dabei das eigenwillige Spiel mit antiken Versatzstücken auf - so etwa die erwähnte Kombination
von dorischem und jonischem Formengut. Vom Brunnendenkmal, das den Stadtplaner
zwangsläufig einnimmt, bis hin zu bedeutungsvollen Großprojekten, etwa einem deutschen
Nationaldenkmal, reicht Weinbrenners Betätigungsfeld. Monumente zum Gedächtnis großer
Persönlichkeiten stehen auf einem anderen Blatt. Sind wir es gewöhnt, bei einem Denkmal auf
Schiller und Goethe, Beethoven und Kant oder sonst eine Persönlichkeit an eine Standfigur auf
einem Sockel zu denken, so sollte sich dieser an sich selbstverständliche Denkmalstyp mehr
oder weniger erst im Laufe des 19. Jahrhunderts herausbilden. Bedeutende Denkmäler dieser
Art wie etwa das von Bertel Thorvaldsen für Friedrich Schiller in Stuttgart (1839) oder unter
den Regentschaftsdenkmälern das von Ludwig Schwanthaler für den badischen Großherzog
Karl Friedrich in Karlsruhe (1844), stehen beinahe noch am Beginn der Entwicklung. Historische
Brunnenfiguren, zumeist in Gestalt von geharnischten Rittern, gehören dagegen schon
länger zum gewohnten Stadtbild. Sie begegnen uns häufig in der Schweiz, aber auch bei uns.
Ein frühes Beispiel ist der alte, von Fotos und Postkarten her bekannte Bertoldsbrunnen in
Freiburg, zu dem Weinbrenner 1807 die Planvorlage lieferte. Er ist gewissermaßen das Vorbild
für den Marktbrunnen in Kenzingen mit der Figur des Stadtgründers Rudolfs II. von Usenberg.
Nach der dort angebrachten Jahreszahl 1824 zu urteilen, ist er beinahe zeitgleich mit dem Rinderle
-Grabmal entstanden, sehr wahrscheinlich im Zuge einer Stadtverschönerungsmaßnahme
durch Christoph Arnold, dem treuesten Weinbrennerschüler, der anlässlich der Instandsetzung
der katholischen St.-Laurentius-Kirche häufig in Kenzingen anwesend war.10 Auch an diesem
Brunnen ist ein Kymation in Form eines Eierstabs zu sehen, wie denn überhaupt die Kenzinger
Brunnensäule mit ihren von Akroterien11 flankierten Giebelschrägen dem klassizistischen Typus
eines römischen Cippus sepulcris nachempfunden ist.

Im Hinblick auf das Thema „Persönlichkeitsdenkmal" nimmt Weinbrenner eine merkwürdige
Haltung ein. An einem naturgetreuen Standbild scheint ihm nicht gelegen gewesen zu sein,
umso mehr aber an einer abstrakten und symbolisch verklärten Aussage. Ein beredter Beleg
dafür ist neben anderen Beispielen seine Zeichnung eines Goethedenkmals.12 Wie Lankheit annimmt
, könnte sie 1819 zum 70. Geburtstag des Dichterfürsten entstanden sein. Angesichts des
Aufgebots an symbolischen Formen ist eine bildnerische Ausführung wohl nie ernsthaft in Erwägung
gezogen worden. Eher dürfte eine Veröffentlichung als Widmungsblatt ins Auge gefasst
worden sein, zumal der Entwurf als Lithographie vorliegt. Im Vergleich zur asketischen Strenge
von Weinbrenners Bauten wirkt das dargestellte Monument geradezu grotesk. Mit all seinen
Versatzstücken unterscheidet es sich erst recht von einem Entwurf, in dem wir auf Anhieb unser

Klaus Lankheit: Friedrich Weinbrenner und der Denkmalskult um 1800, Basel/Stuttgart 1979.
Gerhard Everke:, Kenzingen um 1820 - Christoph Arnolds Bemühungen um den Erhalt der katholischen
Stadtpfarrkirche St. Laurentius, in: Die Pforte. Arbeitsgemeinschaft für Geschichte und Landeskunde
in Kenzingen e.V., 28729. Jahrgang 2008/2009, Nr. 54-57, S. 59-89.

Giebelverzierung antiker Tempel.
Abgebildet bei Lankheit (wie Anm. 9), S. 53.

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