http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2018/0138
1916 erschien in der „Frankfurter Zeitung" eine Besprechung der Ausstellung des Freiburger
Kunstvereins mit Werken des Malers Adolf Holzel und dessen Schülern. Cohn erweist
sich hier als Kenner auch der damals modernen Malerei (und äußert angedeutete Bedenken
über sie); den Franzosen billigt er bei allen Kapriolen zu, eine Art „Klassizität" zu gewinnen,
während er den Italienern bescheinigt, alle üblen Instinkte der Moderne in ihre Kunst hineinzumengen
. Als deutschen Zug bezeichnet Cohn hingegen einerseits eine Neigung zu theoretischer
Gründlichkeit, andererseits ein Pochen auf das Innerliche. Gemäß seinem Grundsatz
des „Vorrangs des Positiven"12 fordert Cohn, das Gebotene zu prüfen und endet: Freuen wir
uns, dass in unser häufig stagnierendes Kunstleben ein frischer Antrieb, eine neue Bewegung
hineinkommt. Hölzl bedankte sich in einem Brief für die liebenswürdige Kritik', entgegnete
aber, eine wichtige Klärung sei für die notwendig Beteiligten erst nach gründlicher Aussprache
möglich.13
Einem Tagebucheintrag vom 28. Mai 1917 ist zu entnehmen:
Auf einem großen Spaziergang mit Liese und den Kindern14 in der Frühsommer-Pracht
des Hexentals (St. Ulrich-Sölden-Au). Genuss dieser hellen heiteren Gegenwart auf
dem dunklen Grund des Krieges. Im Grund nur verschärft, was für jeden Denkenden
u. Fühlenden das Leben stets zeigt - aber doch verschärft - gleichsam durch ein
Schuldgefühl — darf ich denn heiter sein?15
1919 erschien Cohns „Geist der Erziehung. Pädagogik auf philosophischer Grundlage", in
dem er die Pädagogik als „die dem Kulturphilosophen nächststehende Disziplin" bezeichnet
und als Ziel der Erziehung formuliert: „Der Zögling soll gebildet werden zum autonomen Gliede
der historischen Kulturgemeinschaften, denen er künftig angehören wird."16 Im gleichen Jahr
wurde Cohn zum etatmäßigen außerordentlichen Professor für Pädagogik und Philosophie ernannt
(nicht aber für Psychologie), womit der Beamtenstatus verbunden war. Im Vorschlag der
Philosophischen Fakultät war betont worden, Freiburg sei in der glücklichen Lage, einen Dozenten
zu besitzen, der außer einer soliden wissenschaftlichen Grundlage auch pädagogische
Erfahrungen in einem Gymnasium erworben habe:17 Cohn hatte seit 1914 im Freiburger Bertold
-Gymnasium vertretungsweise Unterricht in Deutsch und Philosophie erteilt (Abb. 4).18
12
13
14
15
16
17
18
Schmitt (wie Anm. 2), S. 77.
Im Laboratorium der Moderne. Holzel und sein Kreis, Ausstellungskatalog, hg. von Ulrich Röthke,
Verena Faber und Christine Litz, Petersberg 2017, S. 281.
Elise und Jonas Cohn hatten zusätzlich zu ihrem Sohn Hans noch Jonas Cohns Nichte Elli als Pflegetochter
aufgenommen.
Jonas Cohn: Tagebücher, Biblion Epildos , S. 201.
Jonas Cohn: Geist der Erziehung. Pädagogik auf philosophischer Grundlage, Leipzig 1919; Schmitt (wie
Anm. 2), S. 78.
Christa Kersting: Pädagogik im Nachkriegsdeutschland, Bad Heilbrunn 2008, S. 286.
Jonas Cohn: Varia I. S. 299.
138
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2018/0138