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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2018/0150
Und seine Emeritierung als Ordinarius sei vor allem ein finanzielles Problem.6® Jonas Cohn
verstarb am 12. Januar 1947 im Alter von 76 Jahren, wenige Wochen vor der geplanten Rückkehr
nach Günterstal. Obwohl Hans Gottschalk den damaligen Rektor von Dietze vom Tod
seines Vaters benachrichtigte und ein Kondolenzschreiben von Dietzes erhielt, vermerkt noch
im Jahr 1950 die (von der Westdeutschen Rektorenkonferenz angeforderte) Liste der im „Dritten
Reich" aus dem Amt verdrängten Universitätslehrer zu Jonas Cohn In USA 1945 verstorben
und kennzeichnet damit das damalige Desinteresse der Universität am Schicksal Cohns.61 Elise
Cohn kam 1948 in die alte Heimat zurück. Es bedurfte jedoch eines Restitutionsverfahrens,
um wieder in den Besitz ihres Hauses zu gelangen, das der nationalsozialistische Staat dem
höchstdekorierten Jagdflieger Hermann Graf zum Geschenk gemacht hatte. Elise Cohn, die
anfangs der 193Oer-Jahre selbst publizistisch tätig war,62 zog allerdings nicht mehr in die Villa in
der Reutestraße, sondern wohnte bis zu ihrem Tod 1953 im Haus Dorfstr. 3 in Günterstal. Hans
Gottschalk lehrte ab 1947 an der Universität Wien und wurde dort Professor für Arabistik und
Islamkunde. Er verstarb 1981 in Salzburg.63

Jonas Cohn ist in den neueren philosophiegeschichtlichen Werken (im Gegensatz zu Hermann
Cohen, dem Neukantianer der Marburger Richtung) nur noch ausnahmsweise erwähnt.64
In Freiburg verzeichnen ihn die Aufsätze über das Rektorat Heideggers und die Geschichte der
Philosophischen Fakultät;65 das Mahnmal in der Eingangshalle des KG I nennt seinen Namen,
ein ausführliches Kapitel widmet ihm die Internetseite des Psychologischen Instituts in ihrem
Uberblick über die Institutsgeschichte. Jonas Cohn gehörte nicht zu den überlebensgroßen Gestalten
der Freiburger Philosophie. Er übte weder eine Faszination aus wie Heidegger noch hatte
er das patriarchalische Charisma Edmund Husserls. Ist Cohns Philosophie nur noch ein Museumsstück
der Philosophiegeschichte? Der Schweizer Andreas Urs Sommer (Verfasser u.a. von
„Werte. Warum man sie braucht, obwohl es sie nicht gibt"), seit 2016 Professor für Philosophie
mit Schwerpunkt Kulturphilosophie in Freiburg, ist da anderer Meinung und nennt Cohn einen
potentiell interessanten, kontroversen Gesprächspartner. Einen möglichen Anknüpfungspunkt
sieht Sommer in Cohns Begriff der „Selbst-Uberschreitung".66

Jonas Cohn, sein Schicksal und seine Philosophie sind außerhalb von Fachkreisen in Vergessenheit
geraten.67 Eine Gelegenheit, sich über ihn zu informieren, gab zuletzt die Ausstellung
des Augustinermuseums „Im Laboratorium der Moderne. Holzel und sein Kreis" (November

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UAF,B 3/1145.
61 UAF.B 1/1185.

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Unter dem Mädchennamen ihrer Mutter hatte sie nachfolgende Biographie herausgegeben: Elisabeth Hausmann
: Die Karschin. Friedrichs des Großen Volksdichterin. Ein Leben in Briefen, Frankfurt a.M. 1933.
https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Ludwig_Gottschalk (Stand: 09.11.2018).

So in: Hügli/Lübcke (wie Anm. 30); Kurt Wuchterl: Bausteine zu einer Geschichte der Philosophie des

20. Jahrhunderts. Von Husserl zu Heidegger, Bern/Stuttgart 1995; Geschichte der Philosophie, Bd. 12:
Die Philosophie des ausgehenden 19. und des 20. Jahrhunderts, hg. von Helmut Holzhey und Wolfgang
Rod, München 2004.

Hugo Ott: Martin Heidegger als Rektor der Universität Freiburg i. Br. 1933/34, I. Die Übernahme des

Rektorats der Universität Freiburg durch Martin Heidegger im April 1933, in: Schau-ins-Land 102 (1983),
S. 121-136, hier S. 121, und II. Die Zeit des Rektorats von Martin Heidegger (23. April 1933 bis 23. April
1934), in: Schau-ins-Land 103 (1984), S. 107-130, hier S. 107; Wirbelauer (wie Anm. 8).

Freundliche Mitteilung von Prof. Sommer.

Als wohl einziger Zeitzeuge kann sich der frühere Ordinarius für Mineralogie Wolfhard Wimmenauer noch

an Jonas Cohn erinnern. Als Halbwüchsigen beeindruckte ihn, dass Cohn trotz seiner Behinderung durch
eine Beinverkürzung weite Wanderungen unternahm (freundliche Mitteilung von Prof. Wimmenauer).

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