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dieses Gesetzes erbte der jüngste Sohn (Minorat) oder ersatzweise die älteste Tochter, wobei
die übrigen Erben nicht gänzlich leer ausgingen, sondern ratenweise eine bestimmte Summe als
Abfindung erhielten.30 Da aber Alfred als ältester Bruder erbte, darf davon ausgegangen werden,
dass er testamentarisch als Erbe vorgesehen war; der genannte Kaufpreis könnte die Höhe der
Abfindung an seine Geschwister widerspiegeln. Kurz darauf, am 30. Mai 1905, heiratete Alfred
Olga Vogt aus Altglashütten,31 welche die Leitung des Gastbetriebs übernahm, während er sich
um den Hof mit seiner Viehwirtschaft kümmerte. Olga kannte das Gastgewerbe von klein auf,
da sie im „Gasthof Bierhäusle" in Altglashütten aufwuchs und vor ihrer Heirat im „Feldberger
Hof" und im Solothurner „Hotel Weissenstein" einen Feinschliff im Hotelleriewesen bekam.32
Zwischen 1905 und etwa 1910 übernahm Alfreds jüngerer Bruder Hermann das Bahnhofshotel
, welches er geerbt hatte und in der Folge zusammen mit seiner Gattin Ida Sutter führte.33 In
diesem Zeitraum hatte Alfred Riesterer einen größeren Finanzierungsbedarf, denn er veräußerte
eine Reihe von Grundstücken zwischen dem „Adler" und dem Bahnhof, auf denen neue,
fremdenverkehrsabhängige Geschäfte für Souvenirs, Fotoartikel usw. entstanden.34 Der erhöhte
Geldbedarf dürfte einerseits mit der Auszahlung seiner Geschwister und andererseits mit einer
Renovation des Hotels zusammenhängen, denn in diesen Jahren bezeichnete man das Hotel
auch als Kurhaus, in dem prächtige Zimmer angeboten wurden.35 Dies war der Ausgangspunkt
für die Umwandlung eines einfachen Hotelbetriebes in ein Grandhotel.
Am 25. Januar 1912 kam es zur Überführung des gesamten Betriebes in das Einzelunternehmen
Gasthof und Pension Adler von Alfred Riester er in Hinterzarten unter dem Einzelkaufmann
Alfred Friedrich Riesterer, Gastwirt in Hinter zarten?6 Grund dafür dürften die
geänderten Voraussetzungen gewesen sein, denn nicht mehr Hofgut mit ausgedehnter Landwirtschaft
stand im Vordergrund, sondern Gastronomie mit attraktiven Grundstücken in einer
stetig wachsenden Gemeinde. Da das Ehepaar Riesterer bis dahin mit Oskar, Hermann und
Hellmut drei Söhne hatte,37 und damit künftige Erbteilungen schon 1911 abzusehen waren, bot
die neue Rechtsform künftig eine leichtere Aufteilung des Erbes unter den Nachkommen bei
gleichzeitiger Weiterführung des Betriebes. Wie richtig diese Entscheidung damals war, zeigt
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30 Ebd., S. 34f.
31 Olga Emilie Vogt, geboren 20.04.1885 in Altglashütten, gestorben 01.12.1980 in Hinterzarten; GAH (wie
Anm. 7), S. 10; BZ (wie Anm. 16); Liebenswürdige und erfolgreiche Gastronomin. Das Bundesverdienstkreuz
für Frau Olga Riesterer, Seniorchefin des Hotels Adler, in: BZ vom 05.09.1968, S. 11; Auskunft von
Klaus und Gabriele Trescher vom 22.05.2018.
BZ (wie Anm. 16).
Mahler/Ruch (wie Anm. 14), S. 142. Ob der Pächter Kaiser, welcher das Hotel bis zur Übernahme durch
Hermann Riesterer führte, es schon seit seiner Gründung 1884 leitete, war nicht herauszufinden.
Laule/Mohr (wie Anm. 14), S. 168. Eine zweite Veräußerungsphase war zwischen 1926 und 1933.
Liehl (wie Anm. 7), S. 88; Laule/Mohr (wie Anm. 14), S. 163.
Staatsarchiv Freiburg (StAF), G 540/47, Nr. 56 = Amtsgericht (AG) Neustadt, HRA1-127, S. 281f.
Oskar Emil Riesterer, geboren 29.05.1906 in Hinterzarten, gestorben 02.04.1962 in Hinterzarten, heiratete
am 26.03.1936 Margarete Otilie Ahr, geboren 15.11.1907 in Barmen (Rheinland) als Tochter des Bankiers
Wilhelm Ahr, gestorben 20.08.1992 in Hinterzarten - Hermann Alfred Riesterer, geboren 02.07.1908
in Hinterzarten, gestorben 02.01.1944 in Paris - Hellmut Waldemar Karl Riesterer, geboren 15.01.1911
in Hinterzarten, gestorben 21.01.1990 in Hinterzarten, 15.01.1940 Heirat mit Lilianne Eva Armleder, geboren
09.02.1911 in Genf, deren Vater Victor das dortige Luxushotel Le Richemond gehörte, gestorben
08.06.2004 in Hinterzarten; vgl. GAH (wie Anm. 7), S. 10f.; Auskunft von Klaus und Gabriele Trescher
vom 22.05.2018.
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