http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2018/0182
burger Zeitung angekündigt wurde:99 [...] ich kaufte mir u. Frl. Naumann eine Ansteckplakette
gleich noch am morgen, sonst wäre man dauernd in Freiburg angehalten worden. Das merkte
ich, solange ich die Plakette in der Tasche hatte u. nur vorzeigte. Schließlich machte ich sie mir
an u. dann erst hatte ich Ruhe.100 Neben der Altstadt besichtigten Zwillenbergs das Münster und
die Universität, aßen im „Zähringer Hof" zu Mittag und setzen am Nachmittag ihre Tochter
Helga zusammen mit Fräulein Naumann in einer Konditorei ab, um in den „Casino-Lichtspie-
len"101 ab 16.20 Uhr zuerst den Olympiafilm „Die Glocke ruft"102 als Vorfilm und dann den
Spielfilm „Traumulus"103 anzusehen (Abb. 5).
Zwei Ereignisse in Freiburg hob Zwillenberg in seinem Tagebucheintrag besonders hervor:
Am Vormittag traf er zu seiner großen Freude auf der Kaiserstraße Geheimrat Dr. Schwörer aus
Badenweiler, der ihn während des Sommerurlaubs 1935 in Badenweiler erfolgreich an einem
Furunkel am Hals behandelt hatte, und über Mittag sahen sie einen kleinen Studentenbummel
, Studenten in Lilamützen u. gelben Kappen.104 Die Verbindungsstudenten mit der violetten
Mütze dürften Mitglieder der Katholischen Deutschen Studentenverbindung (KDStV) Hercynia
(gegründet 1873) und jene mit den gelben Kappen Mitglieder der KDStV Arminia (gegründet
1874) gewesen sein; beides Verbindungen im Cartellverband der katholischen deutschen
Studentenverbindungen (CV). Das Interessante an der Erwähnung des Studentenbummels in
Farben ist, dass dies in Freiburg noch im Frühjahr 1936 möglich war, obschon alle deutschen
Studentenverbindungen ab Mai 1935 von den Nationalsozialisten ins Abseits gedrängt wurden
. Am 6. Juli gab Reichsjugendführer Baidur von Schirach die Weisung aus, dass Studenten
sich entscheiden müssten, ob sie einer Studentenverbindung oder der Hitlerjugend angehören
wollten. Bald darauf äußerte er sich sogar dahingehend, dass sie außerhalb der Volksgemeinschaft
stünden und Feinde der sozialistischen Nation seien. Im Rahmen einer Besprechung bei
Reichskanzler und „Führer" Adolf Hitler am 15. Juli 1935 wurde festgehalten, dass eine Kor-
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Deutsches Nachrichtenbüro (DNB): SA, SS, NSKK und Studenten sammeln am 2. Februar, in: Freiburger
Zeitung (FZ) vom 01.02.1936, Morgenausgabe, S. 1.
T 08, S. 100.
Dabei handelte es sich um die 1922 gegründeten «Casino-Lichtspiele» in der Belfortstr. 3/Löwenstr. 8;
vgl. http://filmtheater.square7.ch/wiki/index.php?title=Freiburg_Casino-Lichtspiele (15.05.2018).
„Die Glocke ruft" wurde vom Propaganda-Ausschuss für die Olympischen Spiele (Berlin) 1935 produziert
und dauerte 28 Minuten. Seine Uraufführung hatte der Film am 23.01.1936 im Berliner Ufa-Palast, nach
anderer Aussage soll es hingegen Bremen gewesen sein. „Der Film informierte über frühere Olympische
Spiele, zeigte Luftaufnahmen des Reichssportfeldes und gab damit einen guten Einblick in die Vorbereitungen
". Karin Stöckel: Die Arbeit des Organisationskomitees der XI. Olympiade 1936 in Berlin, Hamburg
2008, S. 242; https://www.filmportal.de/film/die-glocke-ruft_ac729b2486d9446aa5fl87236f01fc92
(15.05.2018).
„Traumulus" war ein 1935 gedrehter Spielfilm von Carl Froelich mit Emil Jannings in der Hauptrolle
, nach dem gleichnamigen Bühnenwerk von Arno Holz und Oskar Jerschke; Filmanzeige in: FZ vom
01.02.1936, Morgenausgabe, S. 6. Eine verschwundene Welt: [Filmkritik] Traumulus, Casino-Lichtspiele,
in: FZ vom 29.01.1936, Abendausgabe, S. 3. Die Eheleute Zwillenberg waren regelmäßige Kinogänger,
was jeweils unter Angabe der gesehenen Filme in seinem Tagebuch notiert wurde. Auch besaßen sie bis
Ende 1934 über die Fa. Hermann Tietz ein Kino in der Münchner Innenstadt. Da „Traumulus" auf einem
Werk des Autors Arno Holz basierte, dürfte der Film für Zwillenberg doppelt interessant gewesen sein,
denn er war Subskribent Nr. 21 (von 250) der Holzschen Monumentalausgabe (12 Bände, Berlin 1926).
Ob sein Interesse an der Subskription dem Literaten Holz galt oder seinem Landsmann aus Rastenburg,
ist hingegen nicht bekannt.
104 T 08. S. 100.
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