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Tagebuchauszüge mit Bezug zu Hinterzarten
[T 08, S. 89] Donnerstag, 23. Januar 1936
[... T 08, S. 90 ...] In Vülingen erledigte ich schnell die Hotelrechnung u. I55 ging unser Zug nach
Donaueschingen. Mädim, die des Nachts erbrochen hatte u. Leibschmerzen hatte, scheint nichts
besondres zu haben. Trotzdem waren wir sehr vorsichtig u. ich freute mich über die Umsicht von Frl.
Naumann u. ihre Besorgtheit. Wir blieben etwa 1 Stunde im Wartesaal, fuhren dann nach Hinterzarten
weiter wo wir 436 ankamen. Hier war viel mehr Schnee gefallen, man merkte das von Titisee
ab u. als wir ankamen schneite es lustig. Die Zimmerfrage machte Schwierigkeiten. Wir „hausten"
in der ersten Nacht in den Zimmern 111/112 mit allgemeinem Durchgang zur großen Liegeterrasse.
Es waren 1 Bettzimmer mit 2 Betten u. natürlich nur einer Waschtoillette, so eng, daß wir an Gepäck
u. Möbeln vorbeibalancieren mußten u. uns kaum bewegen konnten. Eine arge Enttäuschung Sonst
scheint das Hotel garnicht so übel zu sein, die Gesellschaft ausschließlich arisch = bürgerlich, recht
gut. Das Personal sehr zuvorkommend. Mehr kann ich noch nicht sagen.
Freitag, 24. Januar 1935 [sie!]
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Beim Aufwachen die Überraschung: herrliche Sonne und Pulverschnee! Alle Sportler auf den
Beinen. Wir frühstücken in dem wundervollen Frühstückzimmer, ringsum Fenster mit Blick auf
die Höhe u. [T 08, S. 91] ringsum im Räume blühende Alpenveilchen, Palmen u.s.w. Ganz wundervoll
, [...] Wir machten mit Rodelschlitten einen hübschen Weg über Erlenbruck [Abb. 6] nach
Bären thal mit schönem Blick auf den Feldberg immer in schönster Sonne. Nachmittag sprach
ich mit dem einen Sohn Riester er, der die Organisation hat (es sind 3 Brüder, junge aber ernste
Menschen), wegen der Zimmer; er sah ein, daß es so nicht ging u. Lisi u. ich zogen um nach
Zimmer 15, zwar nach Osten, aber doch geräumig u. mit 2 Waschtischen. Frl. Naumann u. Mädi
nahmen die beiden ersten Zimmer nach Süden u. zwar kam Mädi in unser Zimmer. So ging es
ausgezeichnet u. wir atmeten auf, daß wir auspacken konnten. Dann machten wir [T 08, S. 92]
einen Bummel durch das Dorf, es sind nur wenige, meist neue Häuser. 2 Ärzte (jeder hat angeschrieben
„arischer Arzt"), keine Apotheke, aber eine Drogerie ohne Droguen. Abends waren
wir in der Halle. Das Essen ist bürgerlich, reichlich u. sauber gekocht. Bedienung u. Servis
tadellos sauber.
Abb. 6 Helga Zwillenberg vor der Kapelle des „Kesslerhofs" in
Hinterzarten, Februar 1936 (Zwillenberg-Stiftung, Bern).
Mädi oder Mausi waren die Kosenamen von Tochter Helga.
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