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die neue regional enger begrenzte Organisation mit eindeutigen Rechts strukturen und Hauptexekutionssitz
im Land selbst sicherte den Abteien den im Orden nötigen Rückhalt und gewährte ihnen gleichzeitig
Unterstützung gegen Eingriffe der Landesherren und Ortsbischöfe. Damit erwies sie sich letztendlich als
Chance für den Erhalt der klösterlichen Eigenständigkeit bis zur Säkularisation.
Ulrich Knapp vergleicht Ausstattung und Programmatik der Kaisersäle der mehr oder weniger in ihrem
Reichsstand umstrittenen Zisterzienserabteien Salem, Kaisheim und Ebrach mit denen landsässiger
österreichischer Stifte und den Festsälen anderer oberschwäbischer Klöster. Die Programmatik des Sale-
mer Kaisersaals spiegelt einen Wendepunkt in der Geschichte der Abtei wider, nachdem das kurzfristige
Streben nach Landsässigkeit endgültig aufgegeben war.
Das fast 400 Jahre währende Verhältnis zwischen der Reichsabtei Salem und der habsburgischen
Regentschaft äußert sich sowohl im Genuss der Schutzmacht und des nützlichen Instanzenapparats im
fernen Wien als auch in der bedrängenden Herrschaft und lästigen Oberamt im nahen Stockach. Der
Inanspruchnahme von Kontributionen im Kriegsfalle, weiteren freiwilligen oder unfreiwilligen klösterlichen
Finanzleistungen stehen wichtige Privilegien im Gerichts- und Zollwesen und des Steuerrechts als
wirksame Instrumente der Herrschaftsverstetigung gegenüber.
Die über 500 Jahre währende cura monialium bescherte der mächtigen Salemer Abtei und ihren
acht weiblichen Tochterklöstern (vier reichsständig, vier landsässig) ein wechselhaftes und nicht immer
spannungsfreies Verhältnis. Neben regelmäßigen Visitationen und der seelsorgerischen Betreuung der
Nonnen bezog sich die Salemer Paternität auch auf die Wirtschaftsverwaltung und Gerichtsbarkeit der
Zisterzen. In ihrer Selbständigkeit waren die Nonnen von der Ausdehnung oder Einschränkung der Klausur
abhängig. Im Falle von Reformen, meist zu Lasten ihres HandlungsSpielraums, wussten die häufig
adeligen Damen sowohl ihre familiären Netzwerke zu aktivieren als auch mehr oder weniger geschlossen
gegen die Salemer Mutterabtei vorzugehen.
Bei der Klostersäkularisation spielten Zugehörigkeit zum Zisterzienserorden, Reichstand oder Landsässigkeit
nur eine untergeordnete Rolle. Salem nimmt als Fideikommissgut bzw. als „landesfürstliches
Schloss" der markgräflichen, später großherzoglichen Familie eine Sonderrolle ein. Trotz berechtigter
Klage über große Einbußen am Kulturerbe seit der Säkularisation durch Veräußerung eines Großteils
der Ländereien, beweglichen Güter und Ausstattung der Klöster muss bezweifelt werden, ob selbst so
„prosperierende Großbetriebe" wie es Salem damals war, heute noch in der Lage wären, „mit dem damals
vorhandenen Grundbesitzpotential ihre aufwendigen baulichen Anlagen [...] zu unterhalten".
Mona Djabbarpour
Orts- und personengeschichtliche Literatur
Auf Jahr und Tag. Leben im mittelalterlichen Freiburg, hg. von Heinz Krieg, R. Johanna Regnath,
Hans-Peter Widmann und Stephanie Zumbrink (Schlaglichter regionaler Geschichte 3), Rombach Verlag
, Freiburg/B erlin/Wien 2017, 254 S., zahlr. Färb- und S/W-Abb.
Von Aufrührern und Herzögen, von Geistlichen, Humanisten, Künstlern und Bürgerlichen berichtet dieser
Sammelband. Einiges wird dabei zurechtgerückt, weil in der bisherigen Forschung die Urkunden offensichtlich
nicht vollständig ausgewertet wurden. Nehmen wir nur zwei Beispiele: Der Artikel über Joß
Fritz und seine Frau Else Schmidin (Horst Buszello) macht deutlich, dass auf Grund von Geständnissen
Mitverschworener keine mörderischen Umstürzler bei den Bundschuhmitgliedern zu Beginn des 16.
Jahrhunderts am Werk waren, sondern Männer, die zwar Missstände ändern wollten, aber die gegebene
Ordnung nicht in Frage stellten. Ihre Radikalisierung hatten zuvörderst die Vertreter der Stadt Freiburg
etwas künstlich verursacht. Ahnlich verhält es sich mit der Einordnung Herzog Bertold V. von Zähringen
(Heinz Krieg). Glaubt man den kirchlichen Chronisten, so entsteht das Bild eines charakterlosen Un-
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