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die Kriegsvorbereitungen nach 1933 durch die Furcht, dass im Ernstfall die Einfuhr schwedischer Erze
aus Kiruna unterbrochen würde. Die Lage änderte sich 1940 vollständig: das lothringische Revier stand
wieder zur Verfügung, der Weg nach Skandinavien war frei. Das schwer zu verhüttende Baar-Erz, das aus
wirtschaftlicher Sicht immer problematisch war, hatte jetzt auch die politische Bedeutung verloren. 1942
wurde der Betrieb eingestellt. Eine vielstufige über 40 Jahre dauernde Abwicklung der Doggererz-AG
begann. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging der Reichsanteil der Gesellschaft treuhänderisch an das Land
Baden über, 1961 per Gesetz an das Land Baden-Württemberg. Aus diesem Grund waren die letzten drei
Aufsichtsratsvorsitzenden Beamte aus der Finanzverwaltung des Landes.
Seidelmanns Werk „Eisen schaffen" ordnet das Projekt auf der Baar in die großen Zusammenhänge
ein; er stellt die Verbindung her zu den 1937 von Herman Göring gegründeten staatseigenen Werken für
Erzbergbau und Eisenhütten in Salzgitter. Das Zusammenspiel oder die gegenseitige Behinderung von
Staats- und Parteistellen, das Agieren der Wirtschaftsführer von Ruhr und Saar, die Verflechtungen der
Saarindustrie mit der französischen Wirtschaft - alles wird detailliert ausgeführt. Zahlreiche Biographien
werden angesprochen und teilweise im Anhang präzisiert. Die meistgenannten Persönlichkeiten sind
Hermann Röchling, der Kölner Eisenindustrielle Otto Wolff und sein Teilhaber Rudolf Siedersieben. Seidelmann
hat über 40 staatliche, kommunale oder kirchliche Archive benutzt, das Erzbischöfliche Archiv
Freiburg zum Beispiel zu Aussagen über das sittliche und moralische Verhalten der Bergleute. Unter den
neun genannten Firmen- und Vereinsarchiven war das Rheinisch-Westfälische Wirtschaftsarchiv Köln
mit dem Bestand Otto Wolff besonders ergiebig. Im Anhang finden sich Tabellen und Pläne zu den Werksanlagen
, Zahlen zu den Fördervorgaben und der tatsächlichen Förderung, Zahl und Staatsangehörigkeit
der Bergleute. Das Buch gibt Antworten auf viele Fragen, ist aber schwer zu lesen. Wenn man die vielen
Namen und Institutionen nicht zuordnen kann, muss man immer wieder nachschlagen, wer für welche Interessen
stand. Ein Glücksfall ist die Bebilderung, die zum Teil aus einer privaten Sammlung stammt: von
Bernhard Prillwitz, den der Autor im Vorwort als „personifiziertes Gedächtnis der Stadt Blumberg" hervorhebt
. Renate Liessem-Breinlinger
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Uber die ganze Erde ging der Name von Konstanz. Rahmenbedingungen und Rezeption des Konstanzer
Konzils, hg. von Karl-Heinz Braun und Thomas Martin Buck (Veröffentlichungen der Kommission
für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg: Reihe B, Forschungen 212), W. Kohlhammer
Verlag, Stuttgart 2017, 268 S., zahlr. Färb- und S/W-Abb.
Auf Veranlassung von Papst Johannes XXIII. wurde vom deutschen König Sigismund ein Konzil in
Konstanz einberufen (1414-1418), dessen Zweck es war, eine Kirchenspaltung zu verhindern, Reformen
einzuleiten und die Häresie zu bekämpfen. Dies waren die religiösen Motive für die Versammlung. Sigismund
jedoch verband mit dem Konzil auch politische Ziele. Woran es im Reich mangele, das teilte
er allen Reichsuntertanen schon 1412 in aller Eindringlichkeit mit. Zerfleddert wäre das Territorium.
Uberall, von Norddeutschland bis Italien, würden die meisten Potentaten nur an sich selbst denken oder
richteten ihre Politik - wie zum Beispiel die Habsburger - direkt gegen ihn.
Letzten Endes hatte das Konzil, während dessen Verlauf gleich zwei Reichstage in Konstanz stattfanden
, nur bedingt Erfolg gehabt, so die Autoren. Weitreichende Auswirkungen zeitigten lediglich die
Überführung der Mark Brandenburg an die Hohenzollern und die Konsolidierung der eidgenössischen
Gebiete. Auf Kosten der Habsburger übertrug Sigismund deren Stammlande im Aargau an die Schweizer.
Sie konnten daraufhin ihr Territorium bis zum Ende des 15. Jahrhunderts nach Norden bis an den Bodensee
und den Hochrhein ausdehnen. Damit war die Ablösung der Eidgenossen vom Reich in die Wege
geleitet. Am Ende des Konzils verblieben aber noch viele ungelöste Probleme. Sigismund sah sich, ohne
Territorium als Hausmacht, oft feindseligen Kurfürsten gegenüber. Die Konferenz hatte darüber hinaus
eine hohe Schuldenlast verursacht. Letzten Endes, so die Autoren, kämpfte im Reich auch nach dem
Konzil weiterhin jeder gegen jeden. Was die kirchliche Seite betraf, so hatte das Konzil zwar die Spaltung
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