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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2019/0046
Reichlin hoffte, nun als ordentlicher Professor an die Philosophische Fakultät versetzt zu
werden. Das Ministerium in Karlsruhe befand hingegen, dass Reichlin durch seinen Religionswechsel
aus dem Beamtenverhältnis ausgeschieden sei. Er beziehe lediglich noch ein Übergangsgeld
unter der Bedingung, dass er seinen Aufenthalt umgehend in Heidelberg nehme und
sich daselbst ruhig und still aufhalte, ohne in irgendeiner Hinsicht eine Ursache zu Beschwerden
zu geben. Davon werde übrigens die Fortzahlung dieses Gehalts abhängig gemacht. Und
den Freiburger Erzbischof ließ der Fürst wissen, man habe jetzt nach dem Konfessionswechsel
den Wünschen des Ordinariats entsprechen wollen. In dieser Lage betätigte sich Reichlin erst
einmal von März bis Ende Mai 1832 als Schriftleiter bei der von Rotteck, Welcker und anderen
herausgegeben Zeitschrift „Der Freisinnige". Nachdem er einige Vorträge gehalten hatte,
verlieh die Freiburger Philosophische Fakultät Reichlin den Ehrendoktortitel. Am 31. Mai 1832
heiratete er Babette Molitor, Tochter eines ehemaligen Freiburger Regierungsrats. Nach den
Hochzeitsfeierlichkeiten in Freiburg und in Waldkirch reisten die Jungverheirateten in Begleitung
der Schwester Anna Reichlin in die Neckar Stadt.

Als Professor in Heidelberg

In Heidelberg bezogen die Jungvermählten eine in der Friedrichstraße bereitgestellte Wohnung.
Ab Mitte Juni hielt Reichlin als Professor an der dortigen Universität wöchentlich eine zweistündige
Vorlesung über den Entwicklungsgang der neueren Philosophie. Seine politischen Ansichten
wie seine freisinnigen Vorstellungen wusste er auch hier mit dem Unterrichtsstoff zu
verflechten. Viel Zuspruch fanden daneben seine Vorträge zu Goethes „Faust". Was Wunder,
dass der Andrang von Studenten derart zunahm, dass die Vorlesungen in die geräumige Aula
verlegt werden mussten. Im Jahr 1839 wurde der Dozent zum außerordentlichen und im Jahr darauf
zum ordentlichen Professor ernannt. Zweimal wirkte er als Dekan an der Philosophischen
Fakultät. Von den meisten Kollegen wurde er freundlich, zuweilen gar freundschaftlich angenommen
. Aus dem Freundeskreis ragen heraus der Historiker Gervinus, einer der sogenannten
„Göttinger Sieben", der Jurist Thibaut, der ein großer Musikfreund war, und der Strafrechtsprofessor
Mittermaier, Wegbereiter einer humanen Straffälligenhilfe.20 Am neuen Dienstort setzte
Reichlin seine schriftstellerische Tätigkeit fort. Er lieferte eine ganze Reihe von Beiträgen zur
Geschichte der Heidelberger Universität und zu den Biographien dortiger Lehrer. Als wichtigere
Werke sind zu nennen: „Psychologie des Menschen mit Einschluß der Somatologie und der Leh-
re von den Geisteskrankheiten" (1837/38), „Geschichte Europas im Ubergange vom Mittelalter
zur Neuzeit" (1861), „System der Logik nebst Einleitung in die Philosophie" (1870).21 Seiner
Grundhaltung ist Reichlin treu geblieben, weiterhin setzte er der biblischen Schöpfungsbot-

Reichlin-Meldegg, Freiburg 1832, S. 16; Reichlin-Meldegg (wie Anm. 6), S. 102; Freiburger Zeitung
vom 21.02.1832, S. 1.

Georg Gottfried Gervinus (1805-1871), vgl. August Thorbecke: Georg Gottfried Gervinus, in: Badische
Biographien, 1. Teil, hg. von Friedrich von Weech, Heidelberg 1875, S. 290-299; Anton Thibaut (1772-
1840), vgl. Eugen Wohlhaupter: Dichterjuristen, Bd. I, hg. von Horst Gerhard Seifert, Tübingen 1953,
S. 120; Carl Joseph Anton Mittermaier (1787-1867), vgl. Heinz Müller-Dietz: Carl Joseph Anton Mittermaier
, in: Kriminalistik 1974, S. 157; Karl-Michael Walz: Soziale Strafrechtspflege in Baden, Freiburg
1999, S. 89.

Ubersicht in GLA, 60/136, Blatt 126-151; vgl. auch Christoph Burchard: H.E.G. Paulus in Heidelberg
(1811-1851), in: ,Semper Apertus'. 600 Jahre Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg 1386-1986, Bd. II,
Berlin/Heidelberg 1985, S. 222-297, hier 224-267.

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