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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland2019/0054
Amor und Psyche haben in christlicher Allegorese25 als Sinnbild der Jenseitshoffnung auf
Unsterblichkeit26 und eine Wiedervereinigung im Himmel nach der Auferstehung daher ihren
legitimen Platz auf einem Grabmal. Für den Freiburger Professor Wilhelm Furtwängler erfreut
sich Psyche, „nachdem sie in die himmlische Sphäre sich aufgeschwungen, seliger Wonne in der
Liebesumarmung des nun zu ihrem Bräutigam oder Gatten verklärten Eros. Die Seele ist hier
über alle Kämpfe des Todes hinaus in die göttliche Wohnung, woher sie gekommen, zurückgelangt
." (Letzter Satz gesperrt gedruckt.) Und er schließt: „Damit ist nun auch „die Idee [des
Todes] auf den höchsten Punkt, den die antike Kunst zu erreichen vermochte, emporgeführt."27

Vorbilder für die Entkleidungsszene

Unser Relief ist eine klassizistische Schöpfung des beginnenden 19. Jahrhunderts. Sie verwendet
zusätzlich zur traditionellen „Amor und Psyche"-Ikonografie im Motiv des Gewandlösens
ein vermutlich erst im späten 18. Jahrhundert hinzugetretenes Element.

Der Vergleich mit einem Berliner Bronzerelief (Abb. 4), das um 340/330 v. Chr. und damit
ein halbes Jahrtausend vor der Kapitolinischen Gruppe entstand, zeigt den Unterschied: Mit
einer zaghaften Bewegung will der nackte Amor das Kinn der vollständig bekleideten Psyche
berühren, wohl um sie dazu zu bringen, ihm ihr Gesicht zuzuwenden, denn sie schenkt ihm keinerlei
Beachtung.28 „Das Paar wirkt zwar vertraut, doch wenig intim"; ein großer Felsblock zwischen
ihnen „verhindert, dass sie einander im Bereich der Beine und des Unterleibs berühren."
Die unterschiedliche „Stimmung" beider Reliefs zeigen Details: ein „kalter" Stein gegenüber einem
„feurigen" Dreifuß29 und träumerisches In-die-Ferne-Blicken gegenüber intensivem Blickkontakt
. Immer geht es um den Beginn einer Handlung, die der Betrachter im Geiste fortführt;
ein Gewandlösen wäre für die ältere Szene jedoch inkonsequent.

Amors Lösen des Gewandes ist auch Thema des Schlussbildes der berühmten, in ganz Europa
und sogar in Freiburg30 verbreiteten Bildtapetenserie „Psyche et Cupidon" (1815/16) (Abb. 5).
Sie wurde 1819 auf einer Ausstellung gezeigt, die Bildende Kunst und Industrieprodukte kom-

Dazu Holm (wie Anm. 14), S. 91ff.

Auf einem um 1778 entstandenen Aquarell des Zeichners Johann Sebastian Bach geleitet die „Zeit" die
„Unsterblichkeit" in Gestalt der Psyche zu der auf den Wolken thronenden Minerva (Wien, Albertina,
Inv.-Nr. 14.620).

Wilhelm Furtwängler: Die Idee des Todes in den Mythen und Kunstdenkmälern der Griechen, 2. Teil,
Freiburg 1855, S. 298.

Staatliche Museen zu Berlin, Antikensammlung, Inv.-Nr. Mise. 7.806; Antje-Sophie Menschner: Zaghafte
Zuneigung - Das Eros-Psyche-Bronzerelief, in: Ansichtssache. Antike Skulpturengruppen im Raum,
Ausstellungskatalog, hg. von Jens-Arne Dickmann und Ralf von den Hoff, Freiburg 2017, S. 225-228,
Zitate S. 225.

Der Dreifuß ist ein beliebtes Dekorationsstück um 1800. Ein Wunschbillet (1790-1800) zeigt als Skulptur
ein eng umschlungenes Liebespaar neben einen Dreifuß mit herausschlagenden Flammen; beide neben
einem von Rosen bewachsenen Grabmonument, dessen Inschrift dem Empfänger der Karte „Glück und
Zärtlichkeit" wünscht. Vgl. Hanna Egger: Glückwunschkarten im Biedermeier. Höflichkeit und gesellschaftlicher
Zwang, München 1980, S. 46, Abb. 29.

Die Folge hing im Haus des österreichischen Regierungspräsidenten Hermann Joseph Edmund Nepomuk
Tröndlin von Greiffenegg. Vgl. Franz Schneller: Freiburg im Breisgau in Bildern von Georg Röbcke, in:
Badische Heimat 16 (1929), S. 273-283, hier Abb. S. 283.

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